Für sein Europa-Engagement Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble erhält den Aachener Karlspreis

aachen · Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble drängt angesichts der Finanzkrise und Europas politischem Gewichtsverlust auf eine nächste Stufe der europäischen Einigung schon in den nächsten fünf Jahren. "Die Welt wird nicht allzu lange auf uns warten", sagte Schäuble in seiner Dankesrede zur Verleihung des Aachener Karlspreises.

 Nach der Verleihung: Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble winkt ins Publikum.

Nach der Verleihung: Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble winkt ins Publikum.

Foto: dpa

Er schlug vor, nach 2017 die EU-Architektur durchgreifend zu ändern. Die Kommission müsse unter einem direkt gewählten Präsidenten eine echte, von einem Zwei-Kammern-Parlament kontrollierte Regierung für alle Bereiche werden, die europäischer Regelung bedürften. "Wir müssen jetzt die politische Union Europas schaffen!"

Schäuble sagte, es gehe nicht um einen europäischen Superstaat. So viel wie möglich solle in regionaler und nationaler Verantwortung bleiben. Auch dürfe die Kommission als Brüsseler EU-Schaltzentrale nicht ständig neue bürokratische Vorschriften austüfteln, sondern sich mehr um die Einhaltung der bestehenden Vereinbarungen kümmern. In der Außen- und Sicherheitspolitik, bei der Vertretung in internationalen Organisationen und in der Wirtschafts- und Währungspolitik könne sich Europa aber nur mit mehr Gemeinsamkeit behaupten. "Wenn wir die Welt im 21. Jahrhundert weiterhin mitgestalten wollen, müssen wir das gemeinsam tun."

Dazu sind nach Schäubles Ansicht stärkere europäische Institutionen nötig, die demokratisch besser abgestützt und für den Bürger nachvollziehbar sind. Das gelte besonders für die Direktwahl des Chefs der EU-Zentrale. "Die politische Einheit Europas muss ein Gesicht bekommen, und dieses Gesicht muss eine wirkliche Macht repräsentieren." Ein Zeitfenster für entsprechende Änderungen ergibt sich laut Schäuble, weil der "Fiskalpakt" für strenge Haushaltsdisziplin spätestens 2017 in die EU-Verträge übernommen werden soll. Dann könne man die Neuerungen vereinbaren, die vertraglich verankert werden müssten. Schäubles Konzept sei "eine bedeutende Botschaft", lobte der Präsidenten des Europaparlaments Martin Schulz. Damit stehe das Thema Vertragsänderung Mitte der nächsten Legislaturperiode auf der Tagesordnung.

Schäuble bekam den Karlspreis für "seine herausragenden Verdienste um die Überwindung der Teilung Deutschlands und Europas". Luxemburgs Ministerpräsident Jean-Claude Juncker lobte den Deutschen in seiner Laudatio als europäischen Patrioten in der Tradition Adenauers und Kohls. Juncker nutzte die Gelegenheit zu einem Seitenhieb auf die Verfechter eines drakonischen Sparkurses für das hoch verschuldete Griechenland: "Die Europa mit fixen Ideen führen wollen, werden Europa fix und fertig machen, wenn sie nicht auf die Würde anderer achten."

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