Bonner Rechtswissenschaftler zu "PraenaTest" Bluttest zur Down-Syndrom-Erkennung in der Kritik

BERLIN · Der Behindertenbeauftragte der Bundesregierung, Hubert Hüppe, hat die Landesbehörden aufgefordert, einen neuen Bluttest zur vorgeburtlichen Erkennung des Down-Syndroms zu verbieten. Für seine Forderung holte sich Hüppe Argumentationshilfe bei dem Bonner Rechtswissenschaftler Klaus Ferdinand Gärditz.

Der Jurist stellte am Donnerstag in Berlin ein Gutachten vor, wonach der Bluttest der Konstanzer Firma Lifecodexx gegen das Grundgesetz verstoße. In Artikel 3 heißt es dort: "Niemand darf wegen seiner Behinderung benachteiligt werden." In den USA wird der sogenannte PraenaTest bereits seit vergangenem Jahr verkauft. Im ersten Halbjahr 2012 gab es dem Vernehmen nach bereits 25.000 Bestellungen. Der Hersteller wirbt für das Produkt mit dem Hinweis, dass der Bluttest bei der Schwangeren risikolos sei, anders als die Fruchtwasseruntersuchung, bei der in rund ein Prozent der Fälle eine Fehlgeburt ausgelöst wird.

Hüppe befürchtet allerdings, dass der Bluttest die Fruchtwasseruntersuchung nicht überflüssig macht, sondern nur eine Vorstufe sein wird, da über das Fruchtwasser andere Erbkrankheiten festgestellt werden können. Im Unterschied zu behandelbaren genetisch bedingten Krankheiten sei aber das Down-Syndrom oder Trisomie 21 nicht heilbar. So argumentiert auch der Gutachter Gärditz, dass wegen der Nichtbehandelbarkeit des Down-Syndroms der Test weder medizinischen noch therapeutischen Zwecken diene. Es sei davon auszugehen, dass wie bei der Fruchtwasseruntersuchung in 90 Prozent der Fälle, bei denen Trisomie 21 festgestellt werde, ein Schwangerschaftsabbruch folge. "Der Bluttest diskriminiert Menschen mit Behinderungen", sagte Gärditz. Das Verfassungsgericht habe hingegen festgestellt: "Wo menschliches Leben ist, kommt ihm Würde zu." Nach dem Gendiagnostikgesetz muss die Schwangere bei allen vorgeburtlichen Untersuchungen von einem Arzt über die Risiken aufgeklärt werden. Kritiker von PraenaTest argwöhnen, dass sich Frauen künftig den Test über das Internet besorgen und keine Aufklärung erfolgt. Laut Gärditz dürften Krankenkassen die Kosten für den Test, die bei über 1000 Euro liegen sollen, wegen der festgestellten Verfassungswidrigkeit nicht übernehmen.

Der Schauspieler Sebastian Urbanski, der das Down-Syndrom hat, sagte in Berlin: "Ich finde, der Test sollte verboten werden. Wir Behinderten sind auch Menschen." Auch wenn er langsamer lerne als andere, habe er viel gelernt und lerne weiter: "Die Aussortierung bei der Vorgeburt ist nicht in Ordnung." Hüppe sagte, Menschen mit Down-Syndrom empfänden Trisomie 21 nicht als Leid. Sie litten vielmehr unter den Reaktionen der Gesellschaft.

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort