Gespräche von Union und SPD Irritationen über die neue SPD-Chefin Saskia Esken

Berlin · Führende Politiker der Union sind sich einig, dass das Regieren mit den Sozialdemokraten nicht leichter wird. Wann und wie die Parteispitzen zusammenkommen, ist offen. Dass es Gespräche geben wird, ist aber klar.

 Ein Tweet von ihr sorgte für Rätselraten: Die neue SPD-Chefin Saskia Esken.

Ein Tweet von ihr sorgte für Rätselraten: Die neue SPD-Chefin Saskia Esken.

Foto: dpa/Michael Kappeler

Die Szenen sind selten geworden, in denen nach Gremiensitzungen der CDU ein Spitzenpolitiker nach dem anderen das Konrad-Adenauer-Haus verlässt und sich alle gleichlautend äußern. Nein, es werde keine Nachverhandlungen mit der SPD geben. Beim Thema Klimaschutz müsse nun der Vermittlungsausschuss zwischen Bund und Ländern entscheiden. Eine Notwendigkeit die Investitionsmittel zu steigern, sehe man nicht.

Aus München sekundierte CSU-Chef Markus Söder: „Es wird keinen neuen Koalitionsvertrag geben.“ Während die CDU-Leute ihre Kritik an der SPD zurückhaltend mit Hinweisen formulierten, die SPD müsse sich sortieren, wurde Söder deutlicher. Die SPD habe keine neue Zeit anbrechen lassen, es sei die alte Richtung, sagte er.

Einig sind sich CDU und CSU, dass es mit der neuen SPD-Führung nicht leichter werde. Es war auch bisher schon schwer in dieser dritten großen Koalition unter Kanzlerin Angela Merkel. Besorgt verweisen die Unionsstrategen auf die vielen Machtzentren in der SPD: Das neue Führungsduo, die Fraktion, die Minister der Bundesregierung, die Ministerpräsidenten der Länder.

Wie kompliziert das werden kann, darauf gab es am Montag schon einen Vorgeschmack. Ein Beitrag der neuen Parteichefin Saskia Esken beim Kurznachrichtendienst Twitter sorgte für Irritationen. Auf die vielen öffentlich gestellten Fragen der Union, mit wem bei der SPD sie nun eigentlich reden müssten, schrieb  Esken als Antwort: „Tipp: Der Koalitionsvertrag wurde zwischen den Parteien geschlossen.“

Das ist grundsätzlich korrekt. Sie ließ aber außen vor, dass den Vertrag für das Regierungshandeln selbstverständlich auch die Fraktionschefs unterschrieben haben. Bei den Sozialdemokraten wurde der Hinweis als mindestens ungeschickt formuliert aufgenommen. Zumal Esken in der Fraktion nicht sehr beliebt ist. Eine Reihe führender Sozialdemokraten sehen eher in Walter-Borjans den moderateren, verlässlicheren Ansprechpartner. In der SPD wollte man den Tweet ironisch verstanden wissen. Esken selbst sagte unserer Redaktion: „Es gibt nur eine SPD und egal ob Parteivorstand, Fraktion oder Ortsverein, wir stehen zusammen.“

Das neue  Führungsduo ist in der ersten Reihe der Bundespolitik kaum bekannt. Ein Kennenlern-Treffen der neuen Parteichefs mit Kramp-Karrenbaur soll voraussichtlich noch in dieser Woche stattfinden. Ein Koalitionsausschuss wird noch vor Weihnachten zusammenkommen, versichern Union und SPD übereinstimmend. Am Dienstag wollen sich Esken und Walter-Borjans erst einmal im Willy-Brandt-Haus vorstellen.

Während die Union die Devise ausgibt, dass Verträge geschlossen seien und man die Koalition bis zu ihrem regulären Ende führen wolle, ist diese Frage in der SPD  offen. Geplant ist, dass die neue SPD-Führung nun mit der Union über die Forderungen verhandelt, die sich aus dem beim Parteitag beschlossenen Leitantrag ergeben. Anschließend soll der Parteivorstand bewerten, ob die Ergebnisse ausreichen, die Koalition fortzusetzen. Es dürfe kein „Weiter so“ geben, hatte der bisherige Juso-Chef und neue Partei-Vize Kevin Kühnert ausgegeben.

Die Zusammensetzung des Parteivorstands deutet allerdings eher auf eine pragmatische denn eine klare Anti-Groko-Linie hin. Auch die Fraktion hat ein großes Interesse, dass das Regierungsbündnis erst einmal hält. Teile des linken Parteiflügels spekulieren allerdings darauf, dass man nach drei Monaten zu dem Ergebnis kommt: Das reicht nicht. Für die SPD sind die wichtigsten Themen ein deutlicher Zuwachs der  staatlichen Investitionen – zur Not auch mit Krediten, was wohl ein Ende der schwarzen Null bedeuten würde – sowie der Klimaschutz und eine Erhöhung des Mindestlohns.

Mehrfach betonten die Spitzen der Union am Dienstag, wie gut sie bisher mit den Ministern der SPD zusammengearbeitet hätten. Diese geraten durch die Erwartungen des neuen Führungsduos allerdings unter Druck. Dass in der SPD inzwischen alles für möglich gehalten wird, zeigt eine Anekdote rund um den früheren SPD-Vize-Chef Ralf Stegner. Er wurde Opfer eines Telefonscherzes, bei dem er gefragt wurde, ob er sich vorstellen kann, Finanzminister zu werden. Stegner bat sich Bedenkzeit aus, gab grundsätzlich aber ein positives Signal.

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort