Gespräche zu Griechenland Ziemlich beste Tsipras-Freunde

BRÜSSEL · Gegen drei Uhr morgens versprühte die Bundeskanzlerin in Brüssel zwar keine Zuversicht. Aber Angela Merkel war nach dem dreistündigen Ringen mit ihrem griechischen Amtskollegen Alexis Tsipras in kleiner Runde doch zu einem kleinen Vertrauensvorschuss bereit.

 Worte in der Nacht: Italiens Premier Matteo Renzi, Griechenlands Regierungschef Alexis Tsipras und Kanzlerin Angela Merkel (von links).

Worte in der Nacht: Italiens Premier Matteo Renzi, Griechenlands Regierungschef Alexis Tsipras und Kanzlerin Angela Merkel (von links).

Foto: dpa

"Wir werden das einfach mal beim Wort nehmen und sagen, wir vertrauen darauf, dass das nun auch so kommt. Und dann werden wir sehen, wie es kommt." Nur wenige Stunden später nahm das Athener Finanzministerium den Rauswurf der Kontrolleure vom Mittwochabend wieder zurück und teilte mit, man werde die Experten von EU-Kommission, Europäischer Zentralbank und Internationalem Währungsfonds doch zulassen und "sofort und konstruktiv" mit ihnen zusammenarbeiten.

Sogar Finanzminister Gianis Varoufakis gab sich in seinem Blog einsichtig und teilte mit: "Die Übereinkunft vom 20. Februar ist eine exzellente Gelegenheit, nach vorne zu kommen. Setzen wir sie sofort in die Tat um."

Alexis Tsipras, der Chef der Regierung, hatte offenbar durchgegriffen. "Wir sind optimistischer nach den Beratungen", erklärte er am frühen Morgen. "Alle Seiten haben versucht, das Beste zu tun und die Probleme der griechischen Wirtschaft zu lösen."

Das klang gut, bedeutete aber genau genommen nichts anderes als "alles zurück auf Anfang". Griechenland steht wieder da, wo es bereits mit der Einigung der Euro-Finanzminister am 20. Februar stand. Tsipras war damals wie in dieser Nacht gegen eine eiserne Front der EU-Vertreter gelaufen.

Die Zeit seither ist verloren. Binnen einer, möglicherweise zwei Wochen soll nun eine "vollständige Liste" (Merkel) der geplanten Reformen in Brüssel eingehen. Unmittelbar danach wird die Eurogruppe die Vorschläge prüfen und möglichst auch billigen. "Je schneller diese Informationen bekannt sind, desto schneller kann die Eurogruppe eine Entscheidung treffen", betonte Frankreichs Staatspräsident François Hollande in der Nacht zum Freitag.

Im günstigsten Fall dürfte Athen dann schon Anfang April knapp vier Milliarden Euro an frischem Geld bekommen. Die Staatspleite wäre abgewendet. Hollande: "Wir wollen, dass Griechenland Mitglied des Euro-Raums bleibt."

Ob das gelingt, ist allerdings fraglich. Kommissionsexperten beziffern den Finanzbedarf der Hellenen für das laufende Jahr auf rund 20 Milliarden Euro. Nach der Auszahlung der letzten Rate des zweiten Hilfspaketes kann Athen aber nicht mehr auf Brüssel hoffen. Es sei denn, dort würde man ein drittes Mal in die Tasche greifen.

Die Bereitschaft dazu ist gering, falls überhaupt vorhanden. Aus Berliner Regierungskreisen heißt es dazu, Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble verspüre nur "eine geringe Bereitschaft, sich erst beschimpfen zu lassen und dann noch einmal zu helfen". Doch was dann?

Hinzu kommt, dass durch die Eurogruppe nach diesem Gipfel ein deutlicher Riss geht. Denn vor allem die kleinen Länder sind unzufrieden bis verärgert über das Management von Ratspräsident Donald Tusk, der zu der Griechenland-Runde lediglich Merkel und Hollande sowie weitere Vertreter von EU-Institutionen geladen hatte.

Luxemburgs Premier Xavier Bettel umschrieb das noch eher freundlich: "Ich wäre gerne dabei gewesen." Dagegen wurde der belgische Regierungschef Charles Michel ungewohnt deutlich: "Ich habe mich sehr geärgert. Hollande und Merkel haben kein Mandat, für die Euro-Familie zu sprechen." Er wolle mitreden, schließlich sei sein Land in Griechenland ebenfalls mit gut sieben Milliarden Euro dabei.

Die Causa Griechenland hat längst Spalt-Potenzial. Zum Ärger über den Kurs der Regierung Tsipras kommt jetzt noch ein latenter Krach unter den Mitgliedern der Währungsunion hinzu. Am Freitag waren dennoch alles erst einmal froh, dass man - so ein EU-Diplomat - "positiv gestimmt" sein kann. Ob der Eindruck lange anhält, wird man sehen.

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort