Trotz Differenzen Zeit für stille Diplomatie im Nordkorea-Konflikt

Peking · Außenminister im Krisenmodus: Trotz aller Differenzen sucht Sigmar Gabriel einen gemeinsamen Anlauf Chinas, der USA und Russlands für eine „neue Entspannungspolitik“, um den Atomkonflikt mit Nordkorea zu lösen.

 Treffen in Peking: Außenminister Sigmar Gabriel (links) und Chinas Außenstaatsratr Yang Jiechi.

Treffen in Peking: Außenminister Sigmar Gabriel (links) und Chinas Außenstaatsratr Yang Jiechi.

Foto: AFP

Viel Zeit hatte Bundesaußenminister Sigmar Gabriel (SPD) bei seiner Stippvisite am Sonntag in Peking nicht. Doch neben der Eröffnung einer Kunstausstellung bedeutender deutscher Werke der Nachkriegszeit („Deutschland 8“) wollte der Vizekanzler unbedingt auch mit seinem chinesischen Amtskollegen zusammentreffen, bevor er vielleicht nach einer verlorenen Bundestagswahl seiner Partei schon in wenigen Wochen nicht mehr im Amt sein könnte. Nordkorea war bei seinem Gespräch in Peking das Thema. Und er warnte: Das Beispiel Nordkorea könnte Schule machen. „Dann werden auch andere Länder in der Welt versuchen, in den Besitz von Atomwaffen zu kommen“, mahnte der deutsche Vizekanzler. Dies zu verhindern sei die derzeit größte internationale Herausforderung. „Und das muss in Nordkorea beginnen.“

Bei seinem insgesamt gerade einmal sechsstündigen Aufenthalt in der chinesischen Hauptstadt rief der deutsche Außenminister die drei großen Mächte in der Region dazu auf, in der Korea-Frage stärker zusammenzuarbeiten. „Ohne die Kooperation der drei werden wir die Probleme nicht lösen“, sagte Gabriel und plädierte nach einem Treffen mit Chinas Außenstaatsrat Yang Jiechi für „einen neuen Anlauf zur Entspannungspolitik“. Deutschland hat in dem Konflikt bislang nur eine Zuschauerrolle eingenommen.

Erneut Rakete abgeschossen

Erst am Freitag hatte Nordkorea erneut eine Rakete vom Typ Hwasong-12 über Japan hinweg in den Pazifik geschossen. Sie erreichte nach Angaben des südkoreanischen Militärs eine Höhe von rund 770 Kilometern und stürzte erst nach mehr als 3700 Kilometern ins Wasser. Sie flog damit so weit bis bislang keine nordkoreanische Rakete. Nordkoreas Machthaber Kim Jong Un begründete das Manöver damit, ein militärisches Gleichgewicht zwischen Nordkorea und der USA herzustellen. Nur so könne „die Kriegslüsternheit der USA“ eingedämmt werden.

Auf Betreiben der USA hat der Sicherheitsrat der Vereinten Nationen am Montag vergangener Woche die Sanktionen gegen Nordkorea verschärft, nachdem Pjöngjang in den vergangenen Wochen gleich mehrfach Raketen ins All geschossen und einen weiteren Nukleartest vorgenommen hatte, bei dem es sich wahrscheinlich um die Explosion einer Wasserstoffbombe handelte.

Strafen umsetzen

US-Präsident Donald Trump forderte am Sonntag allen voran China erneut dazu auf, die gegen Nordkorea verhängten Strafen gründlicher umzusetzen und den Druck auf die Führung in Pjöngjang zu erhöhen. Chinas Führung hielt sich am Wochenende zurück, hatte am Freitag aber bereits betont, wie wichtig diplomatische Verhandlungen seien.

Auf die Frage, ob Deutschland ernsthaft eine Rolle als Mittler infrage kommt, deutete Gabriel an, dass Deutschland eventuell helfen könne. Sein Land habe „Zugang zu Personen in Nordkorea“. Tatsächlich unterhält Deutschland als eines der wenigen westlichen Länder bis heute eine Botschaft in Pjöngjang, ein Relikt aus DDR-Zeiten. Bis vor Kurzem sind auch regelmäßig deutsche Parlamentarier nach Nordkorea gereist. Das Regime in Pjöngjang wiederum könnte die Deutschen tatsächlich als ehrliche Mittler betrachten.

Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) hatte bereits vergangene Woche angeboten, dass die Bundesregierung in dem Konflikt vermitteln könne. Gabriel dämpfte zugleich die Erwartungen und mahnte: „Jetzt ist erst einmal stille Diplomatie angesagt.“

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