Journalistenverband verurteilt Festnahme WDR-Reporterin in Türkei festgenommen

Istanbul · Hatice Kamer, Journalistin des WDR und des türkischsprachigen Programms der BBC, wurde in der Türkei festgenommen. Im Rahmen der türkischen Ausnahmeregelungen zur Terrorbekämpfung bekommt sie fünf Tage keinen rechtlichen Beistand.

Journalistenverband verurteilt Festnahme: WDR-Reporterin in Türkei festgenommen
Foto: WDR/Hatice Kamer/dpa

Hatice Kamer sei im kurdisch geprägten Südosten der Türkei festgenommen worden, als sie über ein Unglück in einer Kupfermine in der Region Siirt berichtet habe, berichteten der WDR sowie BBC Türkce am Wochenende übereinstimmend. Ein Grund für das Vorgehen gegen Kamer sei nicht angegeben worden. Eine WDR-Sprecherin sagte, Kamer (39) sei in der Region nicht im Auftrag des Kölner Senders unterwegs gewesen.

Bei dem Minenunglück in der mehrheitlich von Kurden bewohnten Region waren laut BBC Türkce mindestens zehn Menschen ums Leben gekommen, nach sechs Vermissten wurde noch gesucht. Kamer habe versucht mit Angehörigen der Bergleute in Kontakt zu treten. Gründe für ihre Festnahme seien nicht mitgeteilt worden. Kamer ist laut BBC die Chefin einer Journalistenvereinigung im Südosten der Türkei.

Der WDR, für den die 39-jährige Journalistin seit Jahren als Reporterin tätig ist, teilte am Sonntag unter Berufung auf Angaben der Familie Kamers mit, deren Festnahme sei damit begründet worden, dass sie Fotos auf militärischem Gebiet gemacht habe. Ihr Anwalt teilte dem Sender zufolge mit, Kamer werde im Rahmen der türkischen Ausnahmeregelungen zur Terrorbekämpfung fünf Tage keinen rechtlichen Beistand bekommen.

Der Deutsche Journalistenverband (DJV) kritisierte die Festnahme der Reporterin scharf. Der erneute Fall zeige, wie die türkische Regierung derzeit unliebsame Journalisten drangsaliere. Kamer habe bis zu ihrer Festnahme zu den wenigen Kollegen gezählt, "von denen wir noch unabhängige Nachrichten aus dem Land bekommen haben", erklärte der DJV-Vorsitzende Frank Überall laut WDR am Sonntag. Kamer arbeitet bei dem Sender besonders für die WDR-Sendereihe "Türkei unzensiert". Sie ist auch für den US-Sender Voice of America tätig.

Seit dem versuchten Militärputsch im Juli gehen die türkischen Behörden mit aller Härte gegen ihre mutmaßlichen Gegner vor. Das betrifft nicht nur mutmaßliche Anhänger des im Exil lebenden islamischen Predigers Fethullah Gülen, den die Regierung in Ankara für den Putschversuch verantwortlich macht, sondern auch mutmaßliche Anhänger der verbotenen Arbeiterpartei Kurdistans (PKK) sowie regierungskritische Journalisten.

Zehntausende Menschen insbesondere aus dem Bildungswesen, den Medien, den Streitkräften und der Justiz wurden festgenommen, zehntausende weitere aus dem Staatsdienst entlassen oder suspendiert. Nach Angaben von Journalistenvereinigungen schloss die türkische Regierung in den vergangenen Monaten bereits mehr als 150 Zeitungen, Radio- und Fernsehsender.

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