70. Geburtstag der First Lady, Senatorin und Außenministerin Was macht eigentlich Hillary Clinton?

Washington · Schmerz, Zorn und Unverständnis – Hillary Clinton wird 70 Jahre alt und hadert noch immer mit der Niederlage gegen Trump.

Um zu verstehen, wie wehmütig es Hillary Clinton an diesem Donnerstag ums Herz sein wird, muss man sich dieses Video in Ruhe anschauen. Aufgenommen am Abend des 25. Oktober 2007 im New Yorker Beacon Theatre. 3000 Gäste hatten für Ticketpreise bis zu jeweils 2300 Dollar mit der bekanntesten Politikerin Amerikas, die kurz darauf ins Rennen um das Weiße Haus gehen sollte, deren 60. Geburtstag gefeiert.

Comedian Billy Crystal sorgte für gediegene Lacher. Ehemann und Ex-Präsident Bill Clinton hielt eine von Ehrbezeugungen strotzende Rede. Und Alt-Rocker Elvis Costello lieferte auf der Bühne ein Ständchen ab, das sich hinter Marylin Monroes Happy-Birthday-Ode an John F. Kennedy nicht zu verstecken brauchte.

Damals stand die Tochter eines mittelprächtig erfolgreichen Stofffabrikanten aus dem Chicagoer Vorort Park Ridge voller Tatendrang in den Startlöchern, um als erste Präsidentin der USA Geschichte zu schreiben. Zehn Jahre später, zum 70., der abseits des Scheinwerferlichts begangenen wird, sieht es ganz anders aus.

Nach der ersten Niederlage (gegen Barack Obama) hadert die ehemalige First Lady, Senatorin und Außenministerin mit ihrem persönlichen Super-Gau: Donald Trump. Mit ihrem neuen, 500 Seiten starken Buch ("Was geschehen ist") im Gepäck zieht die Demokratin durchs Land und versucht Rechenschaft abzulegen über ein Ereignis, das Amerika und die Welt seit nunmehr neun Monate verändert: Donald Trump.

Wer eine der zwischen öffentlicher Psychotherapie, Audienz und Promibeichte oszillierenden Lesungen miterlebt hat, ahnt, dass Schmerz, Zorn und Unverständnis über den Verlust des sicher geglaubten Wahlsieges den Lebensabend der kleinen Powerfrau bis zum letzten Atemzug begleiten werden. Was anderen in Jahrzehnten davor nicht gelungen ist, Trump hat es geschafft. Er hat die "dicke Haut eines Rhinozerosses" durchlöchert.

Dass knapp 63 Millionen Amerikaner ihr einen populistischen Menschenfänger mit dubioser Berufsvergangenheit vorziehen würden, hat die übervorsichtige und darum oft taktierend und unecht wirkende zweifache Großmutter aus der Balance geworfen. Bei TV-Auftritten zur Bewerbung der lukrativ dotierten Vergangenheitsbewältigung erschien Clinton manchmal wie eine trotzige Frührentnerin, die vor allem bei anderen (Bernie Sanders, den Russen, Ex-FBI-James Comey, falschen Beratern) die Schuld festmacht, nicht bei sich selbst.

Nicht bei einer Frau, die sich ihrer Sache zu sicher war. Nicht bei einem Programm, das über Jahrzehnte von den Demokraten ignorierte Wählerschichten eiskalt ließ. Nicht bei ihrer törichten Beschimpfung, wonach es sich bei Trumps Anhängern um einen "Haufen Bemitleidenswerter" handele. Clinton bedauert diesen Ausrutscher, das wird nach der Lektüre deutlich, zutiefst. An die Wurzel gelangt sie trotzdem nicht. "Warum bin ich eine so spalterische Figur? Was macht mich zum Blitzableiter für all den Zorn? Ich frage mich das wirklich, ich bin ratlos."

Das Internet und die Leserbriefspalten sind voll mit Erklärungsversuchen, wie man sie seit den späten 80er Jahren immer wieder hat lesen können: arrogant, elitär, unehrlich, abgehoben. Was Hillary Clinton, die nie mehr für ein politisches Amt kandidieren will, davon wirklich erreicht, wird man nie erfahren. Bis dahin bleibt ein Satz aus ihrem Buch, der zum 70. Geburtstag nachhallt. "Ich dachte, ich wäre eine verdammt gute Präsidentin gewesen."

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