"Diciotti" legt in Catania an Warten auf Europa: Italien lässt Migranten nicht von Bord

Europa ist zum Greifen nah - doch die Migranten im Hafen von Catania müssen weiter auf dem Schiff ausharren, das sie aus Seenot rettete. Welche Länder lösen die Blockade?

 Innenminister Matteo Salvini will die Menschen nicht an Land gehen lassen, solange es keine "Antworten von Europa" gebe.

Innenminister Matteo Salvini will die Menschen nicht an Land gehen lassen, solange es keine "Antworten von Europa" gebe.

Foto: Salvatore Cavalli/AP

Italien setzt die EU-Partner in der Migrationsfrage erneut unter Druck. Am Dienstag harrten 177 gerettete Migranten an Bord eines Schiffs der italienischen Küstenwache im Hafen von Catania aus.

Der als Hardliner bekannte italienische Innenminister Matteo Salvini will die Menschen erst an Land gehen lassen, wenn es "Antworten von Europa" - sprich Zusagen zur Aufnahme der Bootsflüchtlinge durch andere Länder - gibt, wie aus Kreisen seines Ministeriums verlautete.

Die EU-Kommission bemühe sich weiter um eine Lösung für die Menschen auf der "Diciotti", sagte ein Sprecher in Brüssel. "Das ist der Fokus unserer Arbeit", sagte er ohne weitere Details zu nennen. Italien hatte Brüssel am Sonntag aufgefordert, EU-Länder zu finden, die bereit sind, einige der Migranten zu übernehmen.

Das Flüchtlingshilfswerk der Vereinten Nationen (UNHCR) kritisierte das Vorgehen Italiens. "Die Menschen an Bord sind misshandelt (und) gefoltert worden und sind Opfer des Menschenhandels", erklärte die Sprecherin des UNHCR in Italien, Carlotta Sami, am Dienstag auf Twitter. "Sie brauchen dringend Hilfe und das Recht darauf, Asyl zu beantragen. Das ist ein fundamentales Recht, kein Verbrechen."

Salvini warf Deutschland, Portugal, Spanien, Irland und Malta am Dienstag vor, Versprechen gebrochen zu haben. Bislang habe nur Frankreich seine Verpflichtung erfüllt und 47 Migranten aufgenommen, die Mitte Juli mit rund 400 anderen in Italien an Land gingen. Dies hatte die Regierung in Rom ebenfalls erst erlaubt, nachdem die EU-Partner zugesagt hatten, je 50 - beziehungsweise im Fall von Irland 20 - Migranten aufzunehmen.

Neben Italien weigert sich auch Malta, seine Häfen für die aus Seenot Geretteten zu öffnen. Die beiden Länder handelten in den vergangenen Wochen mehrmals ad hoc mit anderen EU-Staaten die Verteilung der Menschen aus.

Hilfsorganisationen kritisieren diese Vorgehensweise nicht nur, weil die geretteten und oft traumatisierten und geschwächten Menschen lange auf Schiffen im Meer ausharren müssten. Sie befürchten auch, dass durch die Ungewissheit über einen sicheren Hafen die Bereitschaft der Schiffskapitäne sinkt, Menschen von seeuntüchtigen Booten aufzunehmen.

Die Migranten, die nun weiter an Bord der "Diciotti" ausharren, haben tagelang auf See verbracht. Am Donnerstag wurden sie von der italienischen Küstenwache gerettet. Die Italiener brachten 13 Menschen, die dringend medizinisch versorgt werden mussten, auf die italienische Mittelmeerinsel Lampedusa . Die "Diciotti" sollte die anderen Migranten nach Malta bringen. Dafür wurde ihr aber von Malta die Erlaubnis verweigert. Der italienische Verkehrsminister Danilo Toninelli von der Fünf-Sterne-Bewegung gewährte dem Schiff am Montag schließlich Einfahrt in den Hafen von Catania.

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