Kommentar zur US-Handelspolitik Voodoo-Ökonomie

Meinung | Washington · Amerikas Landwirte wollen keine Kompensationszahlungen, sie wollen freie Märkte, meint GA-Korrespondent Dirk Hautkapp. Doch mit seinem Handelskrieg schadet Präsident Donald Trump nicht nur den amerikanischen Bauern.

 Ein Bauer hält sortierte Sojabohnen in seinem Landwirtschaftsbetrieb. Im US-Handelsstreit mit China stehen die Zeichen auf Eskalation.

Ein Bauer hält sortierte Sojabohnen in seinem Landwirtschaftsbetrieb. Im US-Handelsstreit mit China stehen die Zeichen auf Eskalation.

Foto: dpa

Handelskriege seien gut und außerdem leicht zu gewinnen. Der Satz, den Donald Trump im März in die Welt gesetzt hat, fliegt ihm nun um die Ohren. Unter Amerikas Landwirten zwischen Iowa und Wisconsin wird das Rumoren immer lauter. Sie leiden unter den Vergeltungszöllen aus China, Kanada, Mexiko und der EU, die der US-Präsident mit Strafzöllen in die Knie zwingen will. Jetzt soll der amerikanische Steuerzahler mit zwölf Milliarden Dollar Feuerwehr spielen. Und das bei einer Staatsverschuldung, die in die Billionen geht.

Mit diesem Geld will Trump bei einer zentralen Gruppe seiner Stammwähler mit protektionistischen Methoden die Wunden eines Problems vor den Kongresswahlen im November zupflastern, das es ohne seine Handelspolitik nicht gegeben hätte. Trump subventioniert sozusagen mit fremdem Geld seinen eigenen Wahnsinn. Und das gegen den erklärten Willen vieler Nutznießer.

Amerikas Landwirte wollen Zugang zu (mehr) freien Märkten. Sie wollen keine Kompensationszahlungen. Deren Endlichkeit schreckt sie verständlicherweise. Wenn das törichte Armdrücken vorbei ist, das Trump initiiert hat, könnten sich Großabnehmer wie China längst an andere Lieferanten wie Brasilien gebunden haben. Die republikanische Partei setzt sich der Lächerlichkeit aus, wenn sie dieser Voodoo-Ökonomie nicht in den Arm fällt.

Vor allem das mit China eskalierende „Wie Du mir, so ich Dir“ muss durch eine parlamentarische Intervention beendet werden. Die Konservativen vertrauten über Jahrzehnte auf die unsichtbare Hand des Marktes und propagierten Freihandel als das Handlungsprinzip unter den Völkern. Heute lassen sie sich bis auf wenige Ausnahmen von einem außer Kontrolle geratenen Präsidenten und dessen irregeleiteten Beratern in Geiselhaft nehmen. Politikversagen pur. Nach den Bauern werden bald die nächsten Branchen die Hand aufhalten, weil ihnen der ökonomische Crashkurs des Weißen Hauses das Wasser abgräbt.

Sollte Trump in punkto Autozölle für Europa bei seinem Harakiri-Kurs bleiben, werden zwölf Milliarden Dollar Stütze nicht zum Ausbeulen reichen. Mit seinem Kurs zehrt der US-Präsident nicht nur volkswirtschaftliche Pluspunkte in den USA auf, die sich durch die große Steuerreform Anfang des Jahres zumindest für Unternehmen und Reiche ergeben haben. Er schafft ein zunehmend ungesundes Klima für die Weltwirtschaft, in der Wertschöpfungsketten keine Ländergrenzen mehr kennen. Dabei zockt Trump so, wie er es früher in seinen Casinos getan hat und dabei mehr als einmal in die Pleite rauschte: Er spielt auf Zeit und wiegt seine Mitspieler in eine trügerische Sicherheit. Bei einer Wahlveranstaltung am Vorabend des Treffens mit EU-Kommissionspräsident Juncker kamen bereits die ersten Durchhalteparolen: „Seid bitte geduldig.“ Am Ende werde Amerika grandios siegen. Diese Wette wird nicht aufgehen.

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