Faktencheck gegen Fake News Twitter verpasst Trump-Tweet erstmals Warnhinweis

Washington · Twitter hat eine Mitteilung von US-Präsident Donald Trump erstmals mit der Empfehlung auf einen Faktencheck versehen. Dabei ging es auch noch um die Briefwahl.

 US-Präsident Donald Trump. (Archivfoto)

US-Präsident Donald Trump. (Archivfoto)

Foto: AP/Evan Vucci

Trump und Twitter, das ist, um es in der Sprache der Diplomatie zu sagen, eine Beziehung zum gegenseitigen Vorteil. Der amerikanische Präsident kann morgens, oft noch vor dem Frühstück, unter dem Namen @realDonaldTrump ein paar burschikos formulierte Zeilen in die Welt setzen und damit, was ihm allein schon seines Amtes wegen ziemlich oft gelingt, die Agenda des Tages bestimmen.

Mithilfe von Twitter hat er sich so etwas wie ein Paralleluniversum erschaffen. Eine Welt, in der die virtuelle Realität die tatsächliche, komplexere, in einer Weise ersetzt, dass sich der harte Kern seiner Anhänger stets bestätigt findet in seinen Ansichten. Eine Welt, in der er zuspitzt, vernebelt, beleidigt, Halb- und Unwahrheiten verbreitet, ohne es begründen zu müssen, weil der Platz dafür sowieso nicht reichen würde.

Ob der 26. Mai 2020 als das Datum in die Annalen eingehen wird, an dem die beiderseitig vorteilhafte Beziehung in die Brüche ging, wird sich noch zeigen. Jedenfalls ist es der Tag, an dem Twitter eine Wortmeldung Trumps zum ersten Mal mit einer Warnung versah. Man möge sich über die Fakten zum Thema Briefwahl informieren, war neben einem Ausrufezeichen zu lesen. Der Verweis führte zu Berichten seriöser Medien, von CNN, der „Washington Post“ und der Washingtoner Parlamentszeitung „The Hill“, die faktenreich widerlegen, was Trump über die Abstimmung per Post behauptet hatte.

Das Briefwählen könne ja nur auf massiven Betrug hinauslaufen, hatte er getwittert. Kisten würden gestohlen, Wahlzettel gefälscht und illegal gedruckt. Der Gouverneur Kaliforniens lasse Zettel an jeden versenden, der in seinem Staat lebe, egal wie die Leute ins Land gekommen seien. Der Hintergrund: Angesichts der Pandemie stellt sich Gavin Newsom, der Demokrat im Gouverneurspalast in Sacramento, schon jetzt darauf ein, dass die Bürger seines Staates am 3. November, dem Tag des Präsidentschaftsvotums, vielleicht noch kein Wahllokal aufsuchen können, jedenfalls nicht in großer Zahl. Ergo hat er bereits Anfang Mai angewiesen, jedem Berechtigten die nötigen Unterlagen zuzuschicken. „Das wird eine manipulierte Wahl“, kommentierte Trump.

 Trump-Tweet mit dem Hinweis von Twitter die Fakten zu prüfen.

Trump-Tweet mit dem Hinweis von Twitter die Fakten zu prüfen.

Foto: Twitter

Es ist nicht das erste Mal, dass er Kalifornien anführt, um vor angeblichen Gaunereien zu warnen. Dort leben mehr Bewohner lateinamerikanischer Herkunft als in jedem anderen Bundesstaat, unter ihnen nicht wenige, die ohne gültige Papiere über die Grenze aus Mexiko kamen. Trump konstruiert daraus, ohne auch nur den geringsten Beweis zu erbringen, einen Generalverdacht. Nach dem lässt der politische Gegner, um sich mit allen Mitteln den Sieg zu sichern, massenhaft illegal Eingewanderte wählen. In Wahrheit ist Wahlbetrug ein höchst seltenes Delikt: Nach einer Analyse der Heritage Foundation, eines konservativen Thinktanks, wurden in den vergangenen zwanzig Jahren nur rund 1200 Fälle festgestellt, wovon gerade mal 204 auf die Briefwahl entfielen.

Trump wäre nicht Trump, würde er nicht nachkarten nach dem Versuch, ihn zu korrigieren. Nunmehr beschuldigt er Twitter, sich in den Wahlkampf einzumischen und sich dabei auf „Fake-News-CNN“ und die „Amazon Washington Post“ zu stützen. Dass CNN angeblich Falschmeldungen verbreitet, gehört zu seinem Standardrepertoire. Und seit der Amazon-Gründer Jeff Bezos die amerikanische Hauptstadtzeitung kaufte, hat sich Trump auf die unsinnige These versteift, das Blatt diene dem Multimilliardär nur als Knüppel, um auf ihn, den Präsidenten, einzuprügeln.

Bezos, kann man sagen, ist einer seiner Lieblingsfeinde. Gleiches gilt für Joe Scarborough, einen TV-Kommentator, der einst einen Wahlkreis Floridas im Repräsentantenhaus vertrat. Der Politiker Scarborough war Republikaner. Der Fernsehmann Scarborough führt bei MSNBC, einem linksliberalen Sender, durch eine Frühstücksshow und ist bekannt für seine scharfe, häufig sarkastische Kritik am Präsidenten. Was diesen umso mehr nervt, weil der Mann bis vor drei Jahren Partei­freund war. Jedenfalls schürte Trump in hässlichen Tweets den Verdacht, Scarborough könnte eine Frau auf dem Gewissen haben, die einst in seinem Abgeordnetenbüro arbeitete. Der Witwer der 2001 an Herzversagen Verstorbenen bat Dorsey, die Einträge zu löschen, da es sich um „schreckliche Lügen“ handle. Es war, zu Beginn dieser Woche, das Vorspiel zu der Entscheidung, die Briefwahl-Tweets einem Faktencheck zu unterziehen.

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