Konflikte Talibanführer Mullah Mansur offenbar getötet

Kabul · Unter seiner Führung kontrollierten die Taliban soviel Gebiet wie seit 2001 nicht mehr. Hunderttausende Menschen flohen vor der Gewalt, die er entfacht hat. Nun ist Talibanchef Mullah Mansur von US-Drohnen getötet worden. Bricht jetzt der Frieden aus?

 Taliban-Chef Mansur soll bei einem US-Drohnenangriff in Pakistan getötet worden sein.

Taliban-Chef Mansur soll bei einem US-Drohnenangriff in Pakistan getötet worden sein.

Foto: Taliban/epa

Taliban-Anführer Mullah Achtar Mansur ist bei einem US-Drohnenangriff in der pakistanischen Provinz Baluchistan getötet worden. Das Pentagon hatte den Angriff in der Nacht auf Samstag gemeldet, sich aber zunächst vorsichtig geäußert.

Der afghanische Geheimdienst NDS, Regierungsgeschäftsführer Abdullah Abdullah und der afghanische Botschafter in Pakistan bestätigten seinen Tod am Sonntagnachmittag dann per Kurznachrichtendienst Twitter. Auch ein Sprecher des Präsidentenpalastes sagte, Mansur sei tot. Details gaben sie aber zunächst nicht preis.

Die Taliban wiesen die Nachricht am Sonntagmorgen in einer Botschaft zurück, die sie per Telefon-Nachrichtendienst übermittelten.

Die pakistanische Regierung äußerte sich nach zwei langen internen Treffen von Militärs und Diplomaten am Abend ausweichend. In einer vom Außenministerium versandten E-Mail hieß es, die Identität des Fahrers des Wagens sei festgestellt worden. Sein Passagier habe einen pakistanischen Pass auf den Namen Wali Muhammad bei sich getragen. Seine Identität werde "mithilfe von Beweisen" vom Unfallort sowie "anderen relevanten Informationen" überprüft. Dem Land wird vorgeworfen, die afghanischen Aufständischen zu unterstützen.

Das Ministerium wies darauf hin, dass beim jüngsten Treffen der Vierländerinitiative für Frieden in Afghanistan beschlossen worden war, dass nur eine politische Lösung Frieden bringen könne. Unter anderem aus Sorge vor Vergeltungsschlägen der Taliban hat Pakistan Militäraktionen gegen die Taliban bisher abgelehnt.

Dem Pentagon zufolge hatten mehrere Drohnen das Auto des Talibanchefs am Samstagnachmittag in einem entlegenen Gebiet nahe der Stadt Nushki südwestlich von Quetta mit Raketen beschossen.

Laut einem Angestellten des Zivilhospitals in Quetta, Nazeer Ahmed, wurden am Morgen zwei Leichen für DNA-Tests ins Krankenhaus gebracht, eine teilweise, die andere vollständig verbrannt. Man habe DNA-Tests gemacht, dann hätten "geheime Behörden" die Leichen mitgenommen.

Mansur hatte Mitte 2015 offiziell die Führung der Taliban übernommen. Danach begannen interne Machtkämpfe. Wer nun Mansurs Führungsposition übernehmen wird, ist nicht klar. Der afghanische Analyst Ahmed Saidi sagte am Sonntag, aus Talibankreisen verlaute, dass schon in "zwei, drei Tagen" ein Treffen zur Festlegung der Nachfolge stattfinden solle. Beobachter erwarten erneute interne Auseinandersetzungen. Der sichtbarste und mächtigste Mann ist derzeit Siradschuddin Hakkani, Mansurs Stellvertreter für Militärisches. Er kommt aber nicht aus dem Kernland der Talibanführung, dem Süden, sondern aus dem Osten. Das könnte ihn Stimmen kosten. Dennoch wird er sicher zumindest den Kampf weiterführen. Ein Ende des Krieges ist also nicht in Sicht.

Analysten schätzen auch die Chancen des zweiten Mansur-Stellvertreters hoch ein: Haibatullah Achundsada ist ein anerkannter religiöser Führer und Talibanrichter.

Mansur, der auf Mitte 40 geschätzt wurde, war schon einflussreich, als die Taliban zwischen 1996 und 2001 in Afghanistan herrschten. Er wurde zuerst Flughafenchef der großen südafghanischen Stadt Kandahar, später Minister für den Flugverkehr. Er war dabei allerdings nur Herr über ein paar alte Flugzeuge und Hubschrauber.

Unter seiner Führung setzten die Taliben die afghanische Regierung zuletzt schwer unter Druck. Mehr als 7000 Soldaten und Polizisten wurden 2015 getötet. Nach Angaben der Vereinten Nationen waren im vergangenen Jahr 31 von 34 Provinzen von Gewalt betroffen. Die Zahl der zivilen Opfer stieg mit mehr als 11 000 Toten und Verletzten auf den höchsten Stand seit Beginn der internationalen Intervention.

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