Germanwings-Katastrophe Spohrs schwerster Gang

PARIS/LE VERNET · Sie können nur noch Schadensbegrenzung leisten und versuchen auszudrücken, wie sehr auch sie und ihre Unternehmen getroffen sind.

 Ein Kranz für die Toten: Lufthansa-Chef Carsten Spohr (li.) und sein Germanwings-Kollege Thomas Winkelmann in Le Vernet.

Ein Kranz für die Toten: Lufthansa-Chef Carsten Spohr (li.) und sein Germanwings-Kollege Thomas Winkelmann in Le Vernet.

Foto: dpa

Das verdeutlichten Lufthansa-Chef Carsten Spohr und Germanwings-Geschäftsführer Thomas Winkelmann gestern bei ihrem Besuch an dem Ort, wo vor gut einer Woche eine Maschine der Lufthansa-Tochter Germanwings auf dem Weg von Barcelona nach Düsseldorf mit 150 Menschen an Bord abgestürzt ist; unter ihnen war auch der 27-jährige Copilot Andreas L., der im Verdacht steht, dass er das Unglück bewusst ausgelöst hat.

Nachdem Spohr gemeinsam mit Winkelmann an einer Gedenktafel im Ort Le Vernet einen Kranz für die Opfer niedergelegt hatte, dankte er den Helfern für ihren Einsatz bei den Bergungsarbeiten und die Begleitung der Hinterbliebenen. Diesen versprach der Lufthansa-Chef langfristige Unterstützung: "Wir möchten solange helfen, wie Hilfe benötigt wird." Bislang zahlt der Konzern bis zu 50 000 Euro je Opfer als Soforthilfe. Medienberichten zufolge könnten auf die Versicherer Kosten bis zu 300 Millionen Dollar zukommen.

Auch Helfern und Anwohnern sagte Spohr Hilfe der Lufthansa zu, um die Folgen des Absturzes in der vergangenen Woche zu bewältigen. Die gute Zusammenarbeit mit den französischen Verantwortlichen sei eine große Hilfe für Lufthansa und das Tochterunternehmen Germanwings.

Jeden Tag erfahre man mehr über die Ursachen des Unglücks, so Spohr. "Es wird noch lange dauern, um wirklich zu begreifen, wie dies geschehen konnte." Die Fluggesellschaft hat bestätigt, dass Copilot L. die Lufthansa-Pilotenschule 2009 über eine "abgeklungene schwere depressive Phase" informiert hatte, nachdem er seine Ausbildung mehrere Monate lang aussetzen musste. Anschließend wurde seine Flugtauglichkeit ärztlich bestätigt.

Doch zum weiteren Stand der Ermittlungen äußerte sich Spohr gestern nicht; auch nicht zu dem Video, das von einem am Absturzort gefundenen Handy stammen und angeblich die letzten Augenblicke im Flugzeug vor dem Absturz zeigen soll. Die französische Justiz dementierte die Information und forderte die Herausgabe des Videos an die Ermittler, falls es existieren sollte.

Der Sprecher der Gendarmerie, Jean-Marc Méninchini, erklärte gegenüber dem US-Nachrichtensender CNN, die aufgefundenen Handys seien noch nicht ausgewertet worden. Der Staatsanwalt von Marseille, Brice Robin, erklärte: "Wenn eine Person ein solches Video besitzen sollte, muss sie es umgehend den Ermittlern übergeben."

Derzeit liege den Ermittlern kein Video vor, das den Absturz zeige. Ein Journalist von "Paris Match" erklärte, das Video nicht zu besitzen, es aber gesehen zu haben.

Vor Ort sind weiterhin rund 300 Gendarmen, Gerichtsmediziner und Feuerwehrleute im Einsatz. Méninchini zufolge werden die Bergungsarbeiten noch Monate dauern. Manche Teile der Unglücksmaschine seien mehrere Meter tief vergraben, da der Airbus A320 mit fast 800 Stundenkilometern auf den bröckeligen Boden aufprallte.

Die Bergung der Körper gilt allerdings als abgeschlossen. Rund 400 DNA-Proben wurden in ein spezialisiertes Kriminalinstitut bei Paris geschickt. Präsident François Hollande hat versprochen, bis Ende der Woche seien die Toten identifiziert.

Gestern suchten Gebirgsjäger nach deren persönlichen Gegenständen, auch erhofft man sich weitere Erkenntnisse vom Flugdatenschreiber, der noch immer nicht gefunden wurde. Konnte die Absturzstelle in einem unzugänglichen Berggebiet bislang nur aus der Luft erreicht werden, so gibt es seit Dienstagabend einen Straßenzugang.

Noch immer reisen Angehörige der Opfer aus der ganzen Welt an, für die oft die Einwohner vor Ort Wohnungen bereitstellen. Und für jene, die nicht kommen können, sprach der Bürgermeister von Le Vernet, François Balique, in die Kameras der Reporter: "Sagt den Familien und Freunden der Opfer, dass unser Dorf jetzt ihnen gehört. Dass unsere Häuser ihnen offenstehen und wir sie sobald wie möglich zur Absturzstelle begleiten ."

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