Volksabstimmungen im Alpenland Schweizer lehnen Fördergeld für Hörner bei Kühen ab

Bern · Sind Kühe mit Hörnern glücklicher als Enthornte? Der Schweizer Bauer Capaul sagt ja und kämpft für mehr Kühe mit Hörnern per Volksabstimmung. Nach anfänglicher Sympathie sind viele Schweizer aber abgesprungen. Auch die sogenannte Selbstbestimmungsinitiative scheiterte bei einer Volksabstimmung.

Der Schweizer Bergbauer Armin Capaul hat seinen Kampf für mehr Kühe mit Hörnern in der Schweiz verloren. Seine Initiative, Bauern mit Geld für das Halten von Hornviechern zu belohnen, ist bei einer Volksabstimmung gescheitert.

54,7 Prozent der Teilnehmer sprachen sich laut vorläufigem Endergebnis am Sonntag gegen den Vorstoß aus. Auch den Vorstoß der rechten SVP für nationale Alleingänge bei internationalen Verträgen schmetterten die Schweizer ab.

Für Capaul (67), der mit Rauschebart, Bommelmütze und gestrickten Pullovern ganz dem Klischee des Bergbauern etwa aus den Heidi-Filmen entspricht, gehören die Hörner zum Rindvieh wie der Euter zur Kuh. Die Tiere stellten damit ihre soziale Rangordnung klar und brauchten die Hörner zum Kommunizieren. Zudem litten die Kälbchen große Schmerzen, wenn Bauern ihnen im Alter von wenigen Wochen mit einem Brennstab die Hornanlagen herausbrennen. Weil gehörnte Kühe mehr Platz im Stall brauchen und deshalb teurer sind, wollte Capaul Subventionen durchsetzen.

Die Gegner, darunter der Bäuerinnenverband, machten geltend, dass ein ausgewachsenes Tier mit spitzen Hörnern eine tödliche Gefahr sein könnte. Es komme immer wieder zu Verletzungen, bei Mensch und Tier. Auch die Regierung war dagegen: zu teuer, befand sie. Nach Schätzungen wären mindestens 15 Millionen Franken (gut 13 Millionen Euro) an Hörner-Hilfen nötig gewesen. In der Schweiz tragen nur noch zehn Prozent der rund 1,5 Millionen Rinder Hörner. Bei manchen Rassen sind sie ganz weggezüchtet.

Wie viele der zwölf Millionen Rinder in Deutschland noch Horn tragen, weiß man nicht, das Thema ist nach Angaben des Milchindustrie-Verbandes aber aktuell. „Natürlich werden Fragen zum Für und Wider in der Haltung von Rindern mit und ohne Hörnern diskutiert“, sagte Referent Björn Börgermann der Deutschen Presse-Agentur vor der Schweizer Abstimmung. Rinder seien aber keine Kuscheltiere. „Für den Tierhalter besteht durchaus ein erhöhtes Gefährdungspotential in der Arbeit mit behornten Tieren“.

Bei einer zweiten Volksabstimmung scheiterte am Sonntag die sogenannte Selbstbestimmungsinitiative, die Schweizer Recht über internationale Verträge stellen wollte. Nach dem vorläufigem Endergebnis waren 66,2 Prozent der Abstimmenden dagegen.

Konkret richtete sich die Initiative zum Beispiel gegen Urteile des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte. Die Regierung hatte gewarnt, dass die Schweiz damit kein verlässlicher Partner internationaler Zusammenarbeit mehr sei. Der Wirtschaftsverband Economiesuisse sah 400 wirtschaftsrelevante Abkommen gefährdet.

Die SVP, seit Jahren wählerstärkste Partei, versucht immer wieder, eine internationale Vernetzung der Schweiz zu verhindern. Sie war mit populistischen Vorstößen gegen „Fremdbestimmung“ schon lange vor den heute in anderen Ländern populären Bewegungen aktiv.

So war sie treibende Kraft hinter der Ablehnung 1992 eines Beitritts zum Europäischen Wirtschaftsraum (EWR) und warb 2002 auch - vergeblich - für ein Nein zum UN-Beitritt. An Sonntag wollte sie den Vorrang der Schweizer Verfassung vor allen internationalen Vereinbarungen festlegen.

Die Verfassung kann aber immer geändert werden, auch durch Volksabstimmungen. Das war 2014 bei der erfolgreichen SVP-Initiative gegen Masseneinwanderung der Fall, die die Personenfreizügigkeit mit der EU in Frage stellte und die Beziehungen zu Brüssel schwer belastete. Sie wurde letztlich nicht voll umgesetzt. Die Schweiz hätte bei einer Annahme der Selbstbestimmungsinitiative internationale Verträge künftig nur noch unter Vorbehalt schließen können.

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