G7-Gipfel auf Schloss Elmau Schöne Fotos und ein Erfolg für das Klima

ELMAU · 150 Millionen Euro, 24.000 Polizisten, jede Menge schöne Fotos mit wichtigen Politikern und Weißbier und sogar ein politisches Ergebnis - der G7-Gipfel in Elmau ist zu Ende. Ein Fazit von unserem Korrespondenten Holger Möhle.

Wenn die Welt hier im Werdenfelser Land nicht gipfelt, kostet die Straße nach Schloss Elmau Geld. Der Weg ist dann frei, also nicht mit Straßensperren verbarrikadiert, aber nicht mautfrei.

In einer einfachen Holzhütte sitzt dann ein Mitarbeiter der Gemeinde Krün und kassiert für die Einfahrt in den malerischen Talkessel am Fuß des Wettersteingebirges: 15 Euro Tagessatz für Busse oder Lastwagen, vier Euro für Pkw und 1,50 Euro für Motorräder. Bundesmautminister Alexander Dobrindt (CSU), der in der Gegend seinen Wahlkreis pflegt, hat auf wenigen Kilometern also auch noch sein Pilotprojekt, wobei allerdings alle zahlen müssen: Ausländer und Einheimische.

So viel zum Weg zu dem Gipfel, der den Menschen in Garmisch-Partenkirchen, Krün und Wallgau für zwei sehr verrückte Tage die absolute Ausnahmesituation beschert hat. "Wir können Gipfel" hat Bayerns Ministerpräsident Horst Seehofer (CSU) noch stolz betont, obwohl ihn Bundeskanzlerin Angela Merkel geschickt aus dem Gipfelspiel genommen hat. Seehofer musste sich in München um die sogenannten Outreach-Gäste aus Äthiopien, Liberia, Irak, Nigeria, Tunesien, dem Senegal und Südafrika und um deren Unterhaltung kümmern, als Merkel an Tag eins des G7-Gipfels mit US-Präsident Barack Obama im Alpendorf Krün großes Theater in oberbayerischer Gipfelidylle aufführte.

Zum zweiten Mal nach 2014 - dem Jahr des ausgefallenen Treffens im russischen Sotschi und dem kurzfristigen Ersatzgipfel in Brüssel - tagt die Gipfelgemeinde im geschrumpften Format: aus G8 ist G7 geworden. Der russische Präsident Wladimir Putin bleibt wegen seiner aggressiven Politik, wegen des Landraubs der ehemals ukrainischen Halbinsel Krim und des anhaltenden Krieges pro-russischer Separatisten aus dem Kreis der großen Industriestaaten ausgeschlossen. Eine Rückkehr Russlands ist Putin bis auf weiteres verwehrt.

Die G7 betonen in Elmau ihre gemeinsamen Werte wie Freiheit, Demokratie, Menschenrechte, Wahrung des Völkerrechts und der territorialen Integrität, die Russland derzeit nicht erfülle. Kanadas Premierminister Stephen Harper, der in der Vergangenheit für Waffenlieferungen an die Ukraine eingetreten und direkt aus Kiew nach Elmau gereist war, etwa verurteilt die russische Aggression besonders offen. Allerdings sind sich die G7 einig, dass Waffenlieferungen an die Ukraine nicht die Lösung sein können, weil sie nur die Versuchung erhöhten, den Konflikt womöglich militärisch entscheiden zu wollen.

Doch Putin spürt die Missbilligung der G7 deutlich. Nach den Worten von Gastgeberin Merkel sind sich die G7 einig, an den bislang verhängten Sanktionen gegen Russland so lange festzuhalten, bis die Vereinbarungen von Minsk wie Waffenstillstand und Abzug schwerer Waffen aus der Kampfzone umgesetzt sind und Russland die Souveränität der Ukraine achtet. Mehr noch: Putin soll wissen, dass die G7 den Druck bei einer Zuspitzung der Lage erhöhen könnten, "was wir aber nicht wollen", wie Merkel ausdrücklich betont. Und auch Obama macht klar: Die Sanktionen laufen weiter. Man kann sie abbauen, aber eben auch verschärfen. Russland habe es selbst in der Hand. Im Abschlusskommuniqué heißt es jetzt: "Dennoch sind wir bereit, auch weitere beschränkende Maßnahmen zu ergreifen, um die Kosten für Russland zu erhöhen, sollten seine Handlungen dies erforderlich machen."

Der Draht zu Russland ist aber trotzdem nicht gekappt. Merkel und ihre G7-Partner machen deutlich, dass man sowohl im sogenannten Normandie-Format (Deutschland plus Frankreich plus Ukraine plus Russland) wie auch bei den Atomverhandlungen mit dem Iran und einer Lösung des Syrien-Krieges auf russischen Kooperationswillen beziehungsweise auf den Einfluss des Kreml auf den Iran und das Assad-Regime in Damaskus setze.

Auch die Euro-Krise und das Sorgenland Griechenland beschäftigen die G7. Vor allem die Chefin des Internationalen Währungsfonds, Christine Lagarde, macht deutlich: Solidarität mit Griechenland setze auch voraus, dass die Regierung in Athen ihre Auflagen erfüllt. Ende des Monats läuft das europäische Hilfsprogramm für das Krisenland aus. Sollte kein Kompromiss gefunden werden, können die deshalb blockierten Hilfszusagen in Höhe von 7,2 Milliarden Euro nicht ausgezahlt werden. Merkel : "Man muss schon sagen: Es ist nicht mehr viel Zeit." Nun zähle jeder Tag.

Über allen Gipfeln ist Ruh? Was Klimaschutz und Kampf gegen Klimawandel angeht, fährt Merkel von Elmau mit einem Ergebnis nach Hause, das auch die Umweltschutzorganisation Greenpeace lobt. Das Ziel, den weltweiten Temperaturanstieg unter zwei Grad zu halten, wird im Abschlusspapier von Elmau nun explizit erwähnt, ebenso die Absicht, eine kohlenstoffarme Zukunft und eine "Dekarbonisierung der Weltwirtschaft im Laufe dieses Jahrhunderts" zu schaffen. Der weltweite Ausstoß von Treibhausgasen soll so bis 2050 im Vergleich zu 2010 um 40 bis 70 Prozent verringert werden. Die Kanzlerin hat damit ihren Gipfelerfolg. Und viele schöne Bilder unter anderem mit Obama. Merkel und Obama sind nicht allerbeste Freunde, aber doch verlässliche Partner. So sitzt Obama demonstrativ entspannt auf einer Holzbank in der Elmau und hört zu, wie Merkel gestikulierend auf ihn einspricht. NSA? War doch kein Thema. Es kann weiter gehen - bis zum nächsten Gipfel.

Lob und Enttäuschung

Hilfswerke und Nichtregierungsorganisationen bewerten die Ergebnisse des G7-Gipfels auf Schloss Elmau durchaus positiv, pochen aber auf konkrete Umsetzung. Die Welthungerhilfe begrüßte, dass mit dem Bekenntnis, in den kommenden 15 Jahren 500 Millionen Menschen aus Hunger und Mangelernährung zu befreien, "ein konkretes Ziel" und eine langfristige Verpflichtung im Raum stehen.

Die ursprünglichen Vorgaben seien jedoch deutlich ambitionierter gewesen und verwässert worden, beklagte Politikexperte Ulrich Post. Vor allem drohe durch den Zusatz, die Hungerbekämpfung "unter Einbindung unserer Partnerländer und internationaler Akteure" zu bestreben, ein Abwälzen der Verantwortung auf andere Länder. Den Zusagen müssten nun Taten folgen, fügte Post hinzu.

Dafür brauche es mehr finanzielle Förderung vor allem für die Kleinbauern. Zuletzt seien die Mittel für Ernährungssicherung jedoch deutlich gesunken. "Der Text muss nun rasch mit einem konkreten und verbindlichen Aktionsplan, finanziellen Zusagen und einem Rechenschaftsmechanismus unterfüttert werden. Dafür werden wir uns einsetzen", so Post.

Zu den weiteren Themen des Gipfels gehören die Verbesserungen der Arbeitsstandards und Gesundheitssysteme in den Entwicklungsländern sowie eine Förderung der Frauen. Oxfam zeigte sich enttäuscht.

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