Impeachment-Verfahren gegen Donald Trump Schlüsselzeuge Gordon Sondland belastet Donald Trump

Washington · Schlüsselzeuge Gordon Sondland belastet US-Präsident Donald Trump bei den Impeachment-Befragungen. Noch vor seinem Auftritt im Geheimdienstausschuss war klar, dass er eines der wichtigsten, wenn nicht das wichtigste, Kapitel der Impeachment-Saga schreiben würde.

 Im Fokus des Interesses: EU-Botschafter Gordon Sondland vor dem Geheimdienstausschuss des Kongresses. 

Im Fokus des Interesses: EU-Botschafter Gordon Sondland vor dem Geheimdienstausschuss des Kongresses. 

Foto: AP/Manuel Balce Ceneta

Noch bis vor wenigen Wochen war Gordon Sondland einfach ein Botschafter bei der Europäischen Union. Einer, der nach eigenem Bekunden immer schon Botschafter werden wollte und sich die Gunst des amerikanischen Präsidenten sicherte, indem er dessen Organisationskomitee zur Feier der Amtseinführung eine Million Dollar aufs Konto überwies.

Donald Trump tat, was auch schon seine Vorgänger im Weißen Haus seit geraumer Zeit getan hatten. Er belohnte einen großzügigen Spender, indem er ihm einen diplomatischen Posten in einer politisch bedeutsamen, obendrein lebenswerten europäischen Stadt anvertraute. In diesem Fall einen Unternehmer, dem in Portland, der angesagten Metropole des Pazifikstaats Oregon, eine Kette kleiner, aber feiner Hotels gehörte. Doch Sondland war weit mehr als nur EU-Botschafter. Offenbar war er direkt beteiligt an dem Versuch, die Regierung der Ukraine durch das Einfrieren bereits zugesagter Militärhilfe so unter Druck zu setzen, dass sie Ermittlungen gegen Trumps Widersacher Joe Biden und dessen Sohn Hunter aufnahm.

Einer der „drei Amigos“

 Noch vor seinem mit Hochspannung erwarteten Auftritt im Geheimdienstausschuss des Kongresses war jedem klar, dass der Mann mit dem kahlen Schädel eines der wichtigsten, wenn nicht das wichtigste, Kapitel der Impeachment-Saga schreiben würde. Er selber hatte sich bereits vor Wochen als einer der „drei Amigos“ charakterisiert, die im Auftrag Trumps dessen Anwalt Rudy Giuliani in geheimer Mission in Kiew unterstützen sollten. Die beiden anderen waren Rick Perry, im Kabinett zuständig für das Ressort Energie, und Kurt Volker, ein erfahrener Diplomat, den Trump zum Sonderbotschafter für die Ukraine ernannt hatte.

 Das Trio habe nicht freiwillig mit Giuliani zusammengearbeitet, um eine Kampagne des Drucks gegen Kiew zu entfalten, betont Sondland, als er am Mittwoch in öffentlicher Anhörung vor dem Ausschuss aussagt. Man habe es nur getan, weil es der Präsident ausdrücklich angewiesen habe. „Wir haben die Befehle des Präsidenten befolgt.“ Auch andere Kabinettsmitglieder, etwa Außenminister Mike Pompeo, seien im Bilde gewesen. Und dann sagt Sondland etwas, was die Beteuerungen seiner republikanischen Parteifreunde, wonach von einem „quid pro quo“, Leistung nur bei Gegenleistung, in der Causa Ukraine keine Rede sein könne, ad absurdum führt. Er wisse, dass die Mitglieder des Ausschusses komplizierte Zusammenhänge häufig auf die Frage reduzierten: „Gab es ein quid pro quo?“. „Die Antwort ist ein Ja“, sagt der EU-Botschafter, schränkt aber ein, dies gelte nur für die Verknüpfung eines in Aussicht gestellten Besuchs des ukrainischen Präsidenten Wolodimir Selenskij im Weißen Haus mit Nachforschungen gegen Joe Biden und dessen Sohn. Die Frage nach einem Junktim zwischen der Freigabe von Militärhilfe und ukrainischen Ermittlungen gegen die Bidens beantwortet er zunächst nicht.

Kurzer Draht ins Oval Office

Nimmt man alle Indizien zusammen, dann war Sondland unter den „Three Amigos“ offenbar derjenige mit dem kürzesten Draht ins Oval Office. Am 26. Juli etwa, einen Tag nach einem folgenschweren Telefonat Trumps mit Selenskij, rief er Trump per Handy aus einem Kiewer Restaurant an, um ihn auf dem Laufenden zu halten. Die plastische Sprache, derer er sich dabei bediente, lässt auf eine gewisse Nähe schließen. „Präsident Selenskij mag Ihren Hintern“, sagte er, um kurz darauf zu versichern: „Er wird alles tun, was Sie von ihm verlangen.“ Zuvor, so schilderte es ein Ohrenzeuge, habe Trump gefragt, ob Selenskij denn nun ermitteln lasse. Dabei habe er, so der Zeuge, ein Diplomat namens David Holmes, so laut gesprochen, dass auch er, Holmes, es habe verstehen können.

 Die Brisanz dieser Anekdote ergibt sich allein schon aus der Tatsache, dass sie belegt, wie unmittelbar Trump in die Erpressungskampagne gegenüber Kiew eingeschaltet war, auch wenn er den Vorwurf der Erpressung weit von sich weist. Brisanz bezieht sie aber auch aus der Tatsache, dass Sondland sie verschwieg, als er im Oktober zum ersten Mal aussagte, damals noch hinter verschlossenen Türen. Er wolle nicht in Zweifel ziehen, was Zeugen über das Telefonat zu Protokoll gegeben hätten, er könne sich jedoch nicht mehr an jedes Detail erinnern, versucht er sich aus der Affäre zu ziehen. „Es stimmt, der Präsident redet gern in drastischen Worten“, beantwortet er die Stilfrage. Zur Substanz bemerkt er nur: „Ich wusste, das Thema der Ermittlungen war wichtig für Präsident Trump“.

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