Niederländische Koalition erleidet Verluste bei Regionalwahl Schlag für Haager Parteien

DEN HAAG · Neuwahlen soll es nicht geben. Obwohl die Regierungskoalition des Liberalen Mark Rutte (Volkspartei für Freiheit und Demokratie - VVD) und der Sozialdemokraten (Partei von der Arbeit - PvdA) in der Abstimmung über die Regionalparlamente und damit auch im Senat jetzt kräftig einstecken musste, sieht der Premier seinen Regierungsauftrag bestätigt: "Die Niederlande wollen, dass wir weitermachen", so gestern seine Interpretation.

Dabei verlor die Koalition im Vergleich zu 2011 neun Sitze. Selbst mit Unterstützung ihrer Bündnispartner aus D66, der Christenunion und den Ultracalvinisten SGP verpassten VVD und PvdA die nötige Mehrheit (38) mit 36 von insgesamt 75 Sitzen. Damit dürfte es auch im Parlament für die Regierung schwierig werden.

Doch trotz des niederschmetternden Wahlergebnisses will Premier Rutte an seinem Kurs festhalten: Dass die Liberalen 3,5 Prozent verloren, tat er ab - schließlich sei die VVD immer noch die stärkste Kraft.

Tatsächlich heißt der große Verlierer der Regionalwahlen nicht VVD, sondern PvdA. Die Sozialdemokraten büßen 7,7 Prozent ein und kommen damit nur noch auf acht Sitze im neuen Senat. Es ist mit den Gemeinderats- und Europawahlen im vergangenen Jahr bereits die dritte Niederlage innerhalb von zwölf Monaten.

Für den Vorsitzenden der Eurogruppe, Finanzminister Jeroen Dijsselbloem, kam das Ergebnis "nicht unerwartet". Dennoch sei er "enttäuscht", sagte der Sozialdemokrat. Lediglich in Regionen wie Drenthe im Osten der Niederlande konnte sich die Regierungskoalition mit jeweils 15,1 Prozent klar behaupten. Im südlichen Limburg erreichte sie mit 7,2 nicht einmal halb so viel. Dort konnte vor allem die PVV ihren traditionell starken Stand in der Region verteidigen (17,7 Prozent). Trotzdem bedeutet das Gesamtergebnis eine Niederlage für den Rechtspopulisten Geert Wilders, der künftig mit zwei Sitzen weniger im Senat auskommen muss.

Premier Rutte kündigte an, man werde nach "konstruktiven Kräften" im Senat suchen und sei diesbezüglich "guter Hoffnung". Die Zustimmung der Senatoren braucht die Regierung, will sie die geplante Steuerreform umsetzen, die für die Bürger eine weitere Belastung bedeutet.

Die nun erstarken Parteien wie die Christdemokraten (CDA), die mit zwölf Sitzen zweitgrößte Kraft wurden, verlangen dagegen Steuererleichterungen und Investitionen in die Sicherheit: "Das Ruder muss herumgerissen werden", forderte Parteichef Sybrand Buma. In einigen Regionen wie in Limburg (22,8 Prozent) und im östlichen Overijssel (22,3) wurde die CDA zur stärksten Partei gewählt.

Die größten Zugewinne konnte allerdings die sozialliberale D66 verzeichnen. Sie verdoppelte ihre Sitze von fünf auf zehn und wird damit zur drittstärksten Fraktion im Senat. Bislang gehörte die Partei neben der Christenunion und den Ultracalvinisten der SGP zu den Bündnispartnern der Regierung. Jetzt erwartet Parteichef Alexander Pechtold mehr Gehör für die Belange seiner Fraktion: "Der positive Ton" der D66 habe bei den Wählen "angeschlagen" - das müsse sich nun auch in der Regierungspolitik widerspiegeln. Auch er fordert Steuererleichterungen und will ebenso wie die Christenunion Gesetzesvorschläge der Regierungskoalition künftig abwägen, statt weiter die Rolle des stillen Duldungspartners zu spielen. Rutte muss sich ihre Gunst nun teuer verdienen.

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