Papst-Rücktritt Ruhestand im Schatten der Macht

Rom · Eine große schwarze Petrus-Statue wacht etwas oberhalb des einfachen Backsteingebäudes. Nicht weit ist auch der Rosengarten, den Benedikt XVI. von seinen Spaziergängen in den vatikanischen Gärten kennt.

 War vielleicht doch Gottes Hand im Spiel? Gläubige rätseln über mögliche Zeichen von oben. Für den ersten Aufreger sorgte Fotograf Alessandro Di Meo mit einem spektakulären Bild: Ein greller Blitz schlägt in der Kuppel des Petersdoms ein - wenige Stunden nach Benedikts Rücktrittsankündigung.

War vielleicht doch Gottes Hand im Spiel? Gläubige rätseln über mögliche Zeichen von oben. Für den ersten Aufreger sorgte Fotograf Alessandro Di Meo mit einem spektakulären Bild: Ein greller Blitz schlägt in der Kuppel des Petersdoms ein - wenige Stunden nach Benedikts Rücktrittsankündigung.

Foto: dpa

Mal duften die Exemplare der weißen Rose "Johannes Paul II." besonders intensiv, an anderen Tagen ist es die fleischfarbene "Beatrice d'Este". Nach allem, was man über den amtsmüden Papst gehört hat, könnte dies der Ort sein, der den Vorstellungen von Joseph Ratzinger entspricht. Altern im Grünen. Aber der Gang in den Klosterkonvent im Inneren des Vatikans ist auch ein komplizierter Rückzug in den Schatten der Macht.

Das Kloster Mater Ecclesiae liegt nur einen Steinwurf von der Apsis des Petersdoms entfernt, auf halber Strecke zwischen Sixtinischer Kapelle und Palazzo del Governatorato, der Verwaltungszentrale. Der Konvent war bislang so unbekannt, dass ihn die Grafiker der italienischen Zeitungen mal mit dem Sendezentrum von Radio Vatikan ganz im Westen der Vatikanstadt verwechseln oder mit der Gärtnerei. Hier will Joseph Ratzinger sich nach seinem Rücktritt als Papst zurückziehen, hier wird er nicht mehr Benedikt XVI. sein.

Aber es ist auch klar, dass in diesem unscheinbaren Kloster, das so reizlos auch irgendwo an einem Ortseingang in Umbrien stehen könnte, die zukünftig mysteriöseste lebende Figur der Christenheit ihr Zuhause haben wird. Hier wird der Mann wandeln, studieren und beten, der einmal Papst war. Die verzweifelten Bemühungen der Paparazzi, den ehemaligen "Papa Ratzi" hier zu fotografieren, kann man sich bereits ausmalen.

Auch deshalb soll das Leben Benedikt XVI. hinter den Mauern des Vatikans enden. Nicht in der bayerischen Heimat, nicht in der alten Privatwohnung in Rom, und auch nicht im Gästehaus Domus Sanctae Martae, in dem die Kardinäle aus aller Welt ab Mitte März wohnen, wenn sie im Konklave für die Wahl eines Nachfolgers zusammenkommen. Ratzinger wird nicht an der Papstwahl teilnehmen, dafür ist er mit 85 Jahren zu alt.

"Er wird sich sicher auch nicht in die Wahl einmischen", sagt Vatikansprecher Federico Lombardi. Ob er die Kardinalswürde behält, ist noch unklar. Auch über den künftigen Titel eines zurückgetretenen Papstes gibt es keine Sicherheit. Möglicherweise lautet er "emeritierter Bischof von Rom". Auch in der Kurie hat man noch keine klaren Vorstellungen über den Umgang mit dem Papst in Pension. Bekommt Ratzinger eine Art Rente, eine Apanage, oder müssen ihm Meditation, Studium, Gebet und das Biogemüse des Klostergartens genügen, Peperoni, Zucchini, Blumenkohl, Tomaten, Zitronen und Orangen?

Sicher ist: Der Ex-Papst muss in die geschützte Isolation. Die Schweizergarde bewacht den Vatikanstaat, sie wird künftig noch genauer kontrollieren müssen, wer die Zugangstore zum Vatikan durchschreitet. Aller Voraussicht nach wird der berühmteste Privatier der Welt künftig nicht mehr in Weiß, sondern wieder in einer schwarzen Soutane durch die Gärten wandeln.

Weil der Konvent aber seit vergangenen November für den Pontifex a. D. umgebaut wird, verbringt Ratzinger ab März erst einige Wochen in der geliebten Sommerresidenz Castel Gandolfo. Die meisten Sommer verbrachte er dort als Papst. Der Ort mit dem päpstlichen Sommerpalast liegt etwa 30 Kilometer von Rom entfernt in der ventilierten Hügellandschaft der Castelli Romani.

Von oben geht der Blick auf den Albaner See, bei guter Sicht bis hinaus aufs Thyrrenische Meer und in die Stadt. Es ist davon auszugehen, dass Ratzinger gern hier seinen Lebensabend verbracht hätte. Doch Castel Gandolfo ist die Sommerresidenz des Papstes und nicht des ehemaligen Papstes.

Im Konvent, den Johannes Paul II. 1994 einweihte und in dem im Fünf-Jahresryhthmus Klarissen, Karmeliterinnen, Benediktinerinnen und Salesianerinnen lebten, will Ratzinger beten, studieren, schreiben und meditieren. Mitglieder der päpstlichen Familie und die Haushälterinnen werden ihn begleiten, anfangs wohl auch Privatsekretär Georg Gänswein.

Johannes Paul II. bezeichnete den Ort einst eine "Zentrale der Stille, der Buße und des Gebets". Vatikansprecher Lombardi sagte indes, Ratzinger werde nicht wie seine Vorgängerinnen in Klausur Leben. "Er wird seine normale Freiheit haben." Ob dieser Plan Erfolg haben wird, ist offen. Vielleicht kann man den Privatier Joseph Ratzinger eines Tages sogar wieder im Tiroler Keller in der Via Vitelleschi im Borgo Pio antreffen. Als Kardinal gönnte er sich hier einmal die Woche Apfelstrudel. Vielleicht kommt auch der ehemalige Papst eines Tages wieder in diesen Genuss: ein Stück Freiheit mit Puderzucker.

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