Konflikt mit Farc-Guerilla Ringen um abgelehnten Friedensvertrag in Kolumbien

Bogotá · Nach über einem halben Jahrhundert sollte der blutige Konflikt mit der Farc-Guerilla in Kolumbien beigelegt werden. Doch die Wähler haben das seit 2012 ausgehandelte Abkommen in einem Referendum durchfallen lassen. Jetzt muss nachjustiert werden.

Jetzt ist Verhandlungsgeschick gefragt: Nach der Ablehnung des historischen Friedensabkommens zwischen der kolumbianischen Regierung und der linken Farc-Guerilla in einer Volksabstimmung müssen die Unterhändler nachsitzen. In neuen Gesprächen soll der Vertrag nachgebessert werden.

Präsident Juan Manuel Santos schickte die Regierungsdelegation nach Kuba, um mit der Farc-Führung über die nächsten Schritte zu beraten. In Bogotá traf sich der Staatschef am Montag mit Vertretern der politischen Parteien, um die Lage zu sondieren. "Wir unterstützen die Entscheidung, eine Kommission zu gründen und einen nationalen Dialog mit allen Sektoren zu eröffnen", sagte Senatspräsident Mauricio Lizcano.

Für die neue Phase der Gespräche mit der Farc-Führung und dem Lager der Gegner des Abkommens hielt Santos an Chefunterhändler Humberto de la Calle fest, der sein Amt zuvor zur Verfügung gestellt hatte. Er habe De la Calle im Amt bestätigt und ihn beauftragt, bei den neuen Gesprächen eine Lösung zu finden, sagte Santos am Montagabend nach Medienberichten.

Die treibende Kraft hinter dem Nein zu dem Friedensabkommen - das Centro Democrático - des ehemaligen Präsidenten Álvaro Uribe blieb dem Treffen fern. Die rechte Partei versicherte allerdings, offen für Gespräche über eine Neuverhandlung des Vertrags zu sein.

Die Farc-Rebellen kündigten an, zunächst an der Waffenruhe festzuhalten. "Die Farc stehen treu zu dem, was wir beschlossen haben", sagte Farc-Chef Rodrigo "Timochenko" Londoño in Havanna. "Der Frieden ist gekommen, um zu bleiben." Der Rebellen-Unterhändler Pablo Catatumbo sagte: "Jetzt ist nicht die Stunde, um aufzugeben, sondern um weiterzumachen. Der Frieden wird siegen."

UN-Generalsekretär Ban Ki Moon entsandte seinen Sonderbeauftragten in die Region. Jean Arnault solle mit den Delegationen der Regierung und der Farc in Havanna nach einer Lösung suchen, sagte Ban am Montag in Genf. Es sei ermutigend, dass beide Parteien an einer Beilegung des Konflikts festhalten.

Die Regierungen Lateinamerikas unterstützten die Fortsetzung des Friedensprozesses in Kolumbien. Das Nein zum Friedensabkommen bei der Volksbefragung am Sonntag dürfe nicht als Zeichen einer Ablehnung des Friedens an sich gedeutet werden, heißt es in einer gemeinsamen Erklärung der Außenminister von Brasilien, Mexiko, Argentinien, Chile, Uruguay und Paraguay, die am Montag in Buenos Aires veröffentlicht wurde.

Die EU-Außenbeauftragte Federica Mogherini bestärkte die kolumbianische Regierung und die Farc in den Bemühungen, das Abkommen noch zu retten. "Wir vertrauen darauf, dass sie den Weg zu einem dauerhaften Frieden mit der Beteiligung aller Parteien fortsetzen", sagte sie.

Am Sonntag hatten die Kolumbianer dem Friedensvertrag in einem Plebiszit überraschend eine Absage erteilt. Das Abkommen sollte den ältesten bewaffneten Konflikt Lateinamerikas mit mehr als 220 000 Toten und über fünf Millionen Vertriebenen beenden. Die Gegner kritisierten vor allem den Strafnachlass für die Rebellen und die künftige politische Beteiligung der Farc.

Nun soll versucht werden, das Paket wieder aufzuschnüren und unter Einbindung der Gegner einen neuen Vertrag zu erarbeitet. Ob das gelingt, ist aber fraglich. Die Farc-Führung dürfte sich kaum auf Änderungen bei der Sonderjustiz einlassen. Würden die Rebellenkommandeure für Mord, Folter, Vertreibungen und Drogenhandel regulär verurteilt, dürften sie bis an das Ende ihrer Tage in Haft bleiben.

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