Kommentar zum humanitären Weltgipfel in Istanbul Reformbedarf

Meinung | Bonn · Nie seit dem Zweiten Weltkrieg waren so viele Menschen auf Nothilfe angewiesen wie derzeit. Das System ist damit überfordert.

 Hilfe in größter Not: Ein Konvoy bringt bringt Nahrungsmittel und Decken in die belagerte Stadt Madaya bei Damaskus.

Hilfe in größter Not: Ein Konvoy bringt bringt Nahrungsmittel und Decken in die belagerte Stadt Madaya bei Damaskus.

Foto: dpa

Und noch ein Gipfel: Während in Bonn die Weltklimakonferenz tagt und in Nairobi erstmals eine Weltumweltversammlung zusammentritt, treffen sich in Istanbul mehr als 60 Staats- und Regierungschefs zum ersten humanitären Weltgipfel. Alle drei Veranstaltungen haben unmittelbar miteinander zu tun: Die Klimaveränderung wirkt sich dramatisch auf den Zustand unserer Umwelt aus, Ereignisse wie Dürren, Überflutungen oder Stürme, die in humanitären Notlagen münden, dürften in Zukunft noch zunehmen. Bereits jetzt sind rund 80 Millionen Menschen weltweit auf humanitäre Hilfe angewiesen – dass Bedarf an dem Istanbuler Treffen besteht, liegt auf der Hand.

Es sind allerdings weniger Natur- als kriegerische Ereignisse wie in Syrien, Irak oder (Süd-)Sudan, die die humanitäre Hilfe in den vergangenen Jahren von der Ausnahme zum Dauerzustand gemacht haben. Und es ist offensichtlich, dass die derzeitigen Strukturen der humanitären Hilfe damit überfordert sind. Reformen sind also dringend nötig.

Ob der Gipfel von Istanbul dazu führen kann, ist allerdings fraglich. Es brennt an allen Ecken: Es mangelt an Geld, die Koordinierung muss verbessert werden, manche UN-Hilfsorganisationen ersticken geradezu an Bürokratie. Doch am meisten wäre erreicht, wenn sich die Staaten dazu durchringen könnten, das humanitäre Völkerrecht wieder zu achten. Die Skrupellosigkeit, mit der etwa in Syrien die Zivilbevölkerung mit Bombenterror und Angriffen auf Krankenhäuser als Geisel genommen wird, zeigt, wie dringend notwendig diese Rückbesinnung ist.

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