Fernseh-Debatte in Denver Präsident Obama und Herausforderer Romney messen sich

WASHINGTON · Wenn Chris Christie richtig liegen sollte, dann kratzt sich Amerika morgen "verwundert den Kopf - und das Rennen um das Weiße Haus beginnt quasi von vorn".

 Alles vorbereitet für die Fernseh-Debatte: Für die Medien reservierte Sitzreihen in der Magness Arena der Universität von Denver.

Alles vorbereitet für die Fernseh-Debatte: Für die Medien reservierte Sitzreihen in der Magness Arena der Universität von Denver.

Foto: dpa

Der korpulente Gouverneur von New Jersey sagt voraus, dass der in allen wichtigen Umfragen in den umkämpften Schlüsselstaaten Ohio, Virginia und Florida abgesackte republikanisch Obama-Herausforderer Mitt Romney bei der ersten Fernseh-Debatte am Mittwoch (20 Uhr Ortszeit) das Ruder vor erwarteten 60 Millionen Zuschauern herumreißen wird. Wahlkampf-Getrommel? Aber sicher. Hier der dazu gehörende Programmhinweis:

Schauplatz und Spielregeln

In der Universität von Denver kreuzen die Kontrahenten 90 Minuten lang zu innenpolitischen Themen wie Gesundheitsreform, Arbeitslosigkeit und Staatsverschuldung die Klingen. Jede Sekunde ist durchinszeniert, alles vertraglich geregelt. Gestrenger Schiedsrichter - jede Antwort darf nur zwei Minuten dauern - wird der frühere Starmoderator Jim Lehrer sein. Niemand hat mehr Präsidenten-TV-Debatten geleitet. Lehrer ist eine hoch seriöse Mischung aus Hajo Friedrichs und Karl-Heinz Köpke. Wer sich selbst überzeugen will: Der Sender Phoenix überträgt am Donnerstagmorgen ab 2.40 Uhr live.

Sind die Debatten wichtig?

Jein. Viele Wähler haben sich traditionell längst festgelegt; bis zu 90 Prozent, sagen Umfragen. Aber: Je enger die Meinungsumfragen, desto wirkungsvoller der Nahkampf Auge in Auge, ohne Berater, ohne Sprechzettel, live im Fernsehen. Unentschlossene lassen sich von dem Spektakel gern beeindrucken. Historisch haben die "debates" schon häufiger den entscheidenden Ausschlag gegeben. Bei der Premiere vor 52 Jahren war Richard Nixon verschwitzt und miserabel rasiert. John F. Kennedy sah so entspannt aus, als wäre er gerade vom Strand auf den Bahamas eingeflogen - und gewann.

Die Vorbereitung

Seit Tagen ist es still geworfen im Wahlkampf. Romney war mit Rob Portman im Trainingslager. Der dröge Senator aus Ohio, unter Bush ein Finanzfuchs, hatte vor vier Jahren schon John McCain für das Fernseh-Schattenboxen gecoacht. Auf der Gegenseite spielte John Kerry, Präsidentschaftskandidat 2004, für Obama in einer Klausurtagung die Romney-Rolle. Er wirkt genauso steif und ungelenk wie der Mormone. Dazu haben die Stäbe der Kandidaten dicke Drehbücher geschrieben; mit Antworten auf jede nur erdenkliche Frage. Alle wissen: Fehler in den ersten 30 Minuten kann man kaum wettmachen.

Wer gewinnt Denver?

Wie immer die 100.000 Dollar-Frage. Mitt Romney könnte im Vorteil sein, weil er ein gutes Dutzend Debatten in den parteiinternen Vorwahlen als Sieger überstand, allerdings gegen Leichtgewichte, und nicht lange fremdeln dürfte mit der Kamera. Seine Gabe, sein Gegenüber kalt lächelnd und zutiefst höflich beleidigen zu können und ihn so aus der Reserve zu locken, ist nicht zu unterschätzen. Obama neigt in Debatten zu langen Antworten in Proseminar-Tonlage. Fasst er sich nicht kurz, wird's schwierig, sagte die politische Beobachter-Klasse in Washington. Mehr als 50 Prozent der Amerikaner glauben, dass Obama den früheren Risikokapital-Manager Romney an die Wand reden wird.

Die Trugschlüsse

Es geht bei den TV-Debatten nicht wirklich um den Inhalt und das konkrete politische Konzept. Das Format mit Stoppuhr lässt kaum mehr als vorgefertigte und auf Wirkung längst getestete Gedankengänge zu. Die Aufführung ist wichtiger. Wer ist staatsmännischer, besonnener? Wer schlagfertiger, witziger? Klar ist, niemand kann wirklich Klartext reden, Zusammenhänge aufzeigen oder sein Gegenüber offen des Unsinns zeihen. Er hätte schon verloren.

Wie geht es weiter?

Am 16. 10. steigt in Hempstead bei New York die zweite Debatte. Diesmal ist der Format intimer: Townhall. Zuschauer, natürlich handverlesen, dürfen die Fragen stellen. Am 22. 10. in Boca Raton/Florida folgt die dritte und letzte Debatte, dann mit dem Schwerpunkt Außenpolitik.

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