Finanzkrise in Griechenland Politik mit dem Scheckbuch

Drei Rettungspakete, ein dauerhafter Hilfsfonds, dazu Hilfen über die EZB und den IWF: Wie viel deutsches Geld wurde inzwischen in Griechenland investiert? Und wie hat auch Deutschland davon profitiert? Unser Korrespondet hat sich das einmal genauer angeschaut.

 Symbolträchtiges Bild: EU-Flagge über dem renovierungsbedürftigen Parthenon-Tempel in Athen.

Symbolträchtiges Bild: EU-Flagge über dem renovierungsbedürftigen Parthenon-Tempel in Athen.

Foto: DPA

Dieses "Ja" ist 22 Milliarden Euro wert. Wenn der Bundestag heute dem dritten Hilfspaket für Athen zustimmt, wird die Bundesrepublik zum größten europäischen Garanten der griechischen Zukunft. Denn Athen steht inzwischen mit weit über 100 Milliarden Euro in der Schuld Berlins - das ist mehr als bei jedem anderen Euro-Partner.

Nach einer jetzt fünfjährigen Geschichte von Rettungspaketen, bilateralen Hilfen und Krisenprogrammen über andere Institutionen haben sich gewaltige Summen angesammelt - auch wenn Deutschland das Geld bisher nicht ausgeben musste.

Denn Rettungspakete sind keine Geschenke, sondern Kredite, die zurückgezahlt werden müssen. Verloren wären die Mittel erst, wenn Athen seine Schulden nicht mehr begleichen kann - oder man sich doch noch auf einen Schuldenschnitt einigen würde. Doch den verbieten die europäischen Verträge.

Die erste Hilfe aus Deutschland gab es 2010

Zum ersten Mal griff die Bundesregierung 2010 in die eigenen Kassen. Damals wurden 15,2 Milliarden Euro an bilateralen Hilfen bewilligt - dieses Geld stammte aus dem Bundeshaushalt und wurde auch tatsächlich ausgezahlt.

Schon beim ersten gemeinsamen Hilfspaket, das sich auf 110 Milliarden Euro belief (80 Milliarden von der Euro-Familie, 30 Milliarden vom IWF), brauchte die Bundesregierung nur noch für ihren Anteil zu bürgen.

Das waren im Mai 2010 22,4 Milliarden - der deutsche Beitrag errechnet sich grundsätzlich am Kapitalschlüssel der Europäischen Zentralbank (EZB). Dort ist die Bundesrepublik aufgrund ihrer Größe mit 25,7 Prozent als größter Geldgeber beteiligt.

2012 wurde das zweite Hilfspaket geschnürt

Als 2012 das zweite Hilfspaket über rund 130 Milliarden Euro geschnürt wurde, steuerte die Bundesrepublik Kreditgarantien von 27,6 Milliarden Euro bei. Mit den 22 Milliarden des nunmehr dritten Sanierungsprogramms ist der griechische Schuldenberg gegenüber der Bundesrepublik auf rund 87 Milliarden gestiegen.

Eine Einschränkung ist nötig: Denn alle bisherigen Hilfspakete wurden nicht vollständig ausbezahlt, es kam zu Verschiebungen unverbrauchter Mittel und somit auch der Garantien Deutschlands. Je nach Berechnung fallen die genauen Angaben über Bedarf und geleistete Hilfe somit anders aus. Deshalb kann man die einzelnen Beträge auch nicht einfach addieren.

Tatsächlich steht Deutschland aus den bisher genannten Programmen für rund 87 Milliarden Euro als Kredit- und Bürgschaftsgeber gerade, der Rest sind nicht ausgezahlte Hilfen.

Hinzu kommen weitere Milliarden, die die Staaten aufbringen mussten, nachdem im März 2012 rund 53 Prozent der Schulden, die Athen bei privaten Gläubigern (insgesamt 107 Milliarden Euro) hatte, erlassen wurden. Das brachte auch in Deutschland einige Institute in derartige Schwierigkeiten, dass die Bundesregierung tief in die Tasche greifen musste, um die betroffenen Häuser zu sanieren. Allein die Hypo Real Estate erhielt vom Staat etwa sieben Milliarden Euro, weil sie plötzlich auf wertlosen griechischen Papieren saß.

Die gewährten ELA-Notkredite müssen zurückgezahlt werden

Aber das ist noch längst nicht alles. Entsprechend seines eingezahlten Kapitalanteils an der EZB muss die Bundesrepublik auch für die Geschäfte der Frankfurter Euro-Bank geradestehen. Das sind im Wesentlichen jene rund 220 Milliarden Euro aller Mitgliedstaaten (deutscher Anteil etwa 55 Milliarden), mit denen die EZB griechische Staatsanleihen aufkaufte, sowie 90 Milliarden, mit denen die hellenischen Banken in den vergangenen Monaten flüssig gehalten wurden.

Diese ELA-Notkredite (ELA steht für Emergency Liquid Assistance) müssen zurückgezahlt werden, erst bei einem Zahlungsausfall kann Frankfurt von den Mitgliedstaaten Geld verlangen.

Bei jedem der bisherigen Hilfsprogramme war auch der Internationale Währungsfonds (IWF) beteiligt. Diese Notkasse in Washington kann pro Jahr rund 294 Milliarden Euro an Finanzmitteln ausgeben, Deutschlands Anteil am IWF liegt bei 6,1 Prozent.

Berlin zahlte also auch die Summe mit, die der Fonds nach Athen überwies - unter Experten gilt das als ein wichtiger Grund dafür, dass die Bundesregierung so vehement für eine weitere Beteiligung des IWF an der Sanierung Griechenlands eintritt: Man will das Geld zurückhaben.

Der ESM kann nicht alleine als Rettung für Athen gelten

In dieser Rechnung spielt der deutsche Beitrag für den Europäischen Stabilitätsmechanismus keine Rolle, weil der ESM als dauerhafte Krisenkasse für alle gedacht ist und nicht allein ein Instrument zur Rettung Athens sein soll. Zu seiner Gründung hatte Deutschland nämlich besonders tief in die Tasche gegriffen: Rund 22 Milliarden wurden in bar als Kapitalstock eingezahlt, für weitere 168 Milliarden gibt es Darlehensbürgschaften.

Vielfach verwirren die Aufstellungen vor allem deshalb, weil nicht zwischen den (geringen) direkten Zahlungen und den (deutlich höheren) Bürgschaften unterschieden wird.

Dies gehört aber zum Gesamtbild dazu. Ebenso übrigens wie die Tatsache, dass Athen zwar mit der Rückzahlung der Schulden nach jetzigem Stand erst 2020 für das erste bzw. 2023 für das zweite Programm beginnen muss, während die Zinsen sofort fällig wurden: 0,5 Prozent für das erste Paket plus des so genannten Euribor-Zinses, zu dem sich die Banken untereinander Geld leihen.

Für das zweite Hilfsprogramm wurden die Zinszahlungen bis 2022 ausgesetzt. So flossen bisher rund 360 Millionen von Athen nach Berlin - übrigens ausnahmslos pünktlich, wie man auch im Bundesfinanzministerium betont. Einige Experten errechnen aus der deutschen Griechenland-Hilfe sogar Gewinne von bis zu 100 Milliarden Euro - vor allem durch gesunkene Zinsen für deutsche Staatsanleihen. Das Bild trügt allerdings, weil der Steuerzahler diese Zeche durch niedrige Zinsen für verschiedene Altersvorsorge-Produkte bezahlte.

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