Urheberrechtsreform Ordnung im Internet

Meinung | Straßburg · Es ist ein seltsames, ja unverständliches Votum. Wann auch immer die EU gegen Google und andere große Internet-Plattformen vorgeht, stehen die Europa-Parlamentarier in der ersten Reihe, um für faire Markbedingungen zu kämpfen. Doch beim Urheberrecht kneifen sie.

Dabei ist der Unterschied zwischen einem Raubkopierer und manch einem großen News-Portal zumindest unter dem Aspekt des Copyrights gering: Die angesprochenen Konzerne nutzen Algorithmen, die das Netz nach lesens- und sehenswerten Inhalten durchforsten, kopieren diese auf eine Seite und schaffen so ein für die kostenloses, attraktives Umfeld für ihre Werbekunden. Das kann, das darf niemand wollen.

Wer dem Nutzer, der sich einen Film von einer Plattform voller Raubkopien herunterlädt, eine Abmahnung ins Haus schickt, muss sich fragen lassen, warum Google, Amazon oder Facebook das Gleiche ungestraft machen dürfen. Ein faires Lizenzierungssystem für geschützte geistige Inhalte – und genau das sind Texte, Fotos und Videos, die von Verlagsmitarbeitern wie Journalisten, Autoren und Künstlern geschaffen werden – würde die umstrittenen Upload-Filter überflüssig machen. Das ist der Weg, den die Union bei der nun notwendigen Überarbeitung gehen sollte.

Schieflage zu Ungunsten der Schöpfer geistiger Leistungen

Doch das Problem liegt tiefer. Wenn es um das Marktverhalten der großen Plattformen geht, sind viele schnell bereit, nach Rahmenbedingungen zu rufen, die den Wettbewerb sichern. Die Internet-Steuer ist nur ein (aber sehr eklatantes) Beispiel dafür. Sie will sicherstellen, dass Online-Produkte nicht gegenüber dem traditionellen und „stationären“ Handel im Geschäft bevorzugt wird.

Doch wenn es um das geistige Eigentum geht, ist von Fairness plötzlich keine Rede mehr. Das war bei der Diskussion um Software-Patente nicht anders wie jetzt bei der Frage, ob Google und Co. sich einfach an den Produkten von Verlagen und Künstlern bedienen können. Dies ist eine Schieflage zu Ungunsten der Schöpfer geistiger Leistungen, die unverständlich und sogar gefährlich ist. Weil das Netz eben nicht nur von Algorithmen lebt, sondern auch von den Inhalten. Und die gibt es nur, wenn ihre Schöpfer fair honoriert werden und die, die die Werke zur Verfügung stellen, ebenfalls. Im Übrigen wäre das Parlament durchaus gut beraten, sein offensichtlich vorhandenes Feindbild, in dem Verleger nur als Gegner erscheinen, zu aktualisieren.

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