Polizei empfiehlt Ankalge Opposition in Israel fordert Netanjahus Rücktritt

Jerusalem · Der Druck auf Israels Regierungschef Netanjahu wächst. Die Polizei empfiehlt eine Anklage wegen Korruption gegen ihn, die Opposition fordert seinen sofortigen Rücktritt. Doch Netanjahu gibt sich kämpferisch.

 Benjamin Netanjahu, Ministerpräsident von Israel, steht unter Korruptionsverdacht.

Benjamin Netanjahu, Ministerpräsident von Israel, steht unter Korruptionsverdacht.

Foto: Ronen Zvulun/REUTERS POOL/AP

Nach einer Anklageempfehlung der israelischen Polizei wegen Korruption gegen Ministerpräsident Benjamin Netanjahu werden Forderungen nach seinem Rücktritt lauter.

"Die Ära Netanjahu geht zu Ende", sagte der Vorsitzende der oppositionellen Arbeitspartei, Avi Gabai. "Netanjahu ist seines Amtes nicht würdig und muss zurücktreten", sagte Gabai der Nachrichtenseite "ynet" am Mittwoch. Netanjahu nimmt am Wochenende erstmals an der Münchner Sicherheitskonferenz teil, die Vorwürfe überschatten seine Reise.

Nach gut einjährigen Ermittlungen hatte Israels Polizei am Dienstagabend eine Anklage wegen Korruption gegen Netanjahu empfohlen. Es seien ausreichend Beweise für Bestechlichkeit, Betrug und Untreue in zwei Fällen gesammelt worden, teilte ein Sprecher mit. Eine endgültige Entscheidung über eine Anklage muss aber die Staatsanwaltschaft fällen. Netanjahu wies die Vorwürfe als "absurd" zurück. Er hoffe auf einen Sieg auch bei den nächsten Wahlen, die Ende 2019 anstehen. Netanjahu ist seit 2009 durchgängig im Amt, es ist seine vierte Amtszeit als Regierungschef.

Am Mittwoch bekräftigte Netanjahu bei einer Ansprache auf einer Konferenz in Tel Aviv seinen Willen, im Amt zu bleiben. "Die Koalition ist stabil und niemand hat Pläne für Neuwahlen", sagte der 68-Jährige. Die Anklageempfehlung der Polizei nannte er "einseitig und extrem". Sie habe "Löcher wie Schweizer Käse".

Laut der Polizeimitteilung sollen Netanjahu und seine Familie in den Jahren 2007 bis 2016 von zwei Geschäftsmännern Zigarren, Champagner und Schmuck im Wert von insgesamt einer Million Schekel (umgerechnet rund 230 000 Euro) angenommen haben. Es handele sich um illegale Schenkungen des Hollywood-Produzenten Arnon Milchan und des australischen Unternehmers James Packer. Beide hätten vereinbart, die Kosten für die Geschenke unter sich aufzuteilen.

Im Gegenzug soll Netanjahu sich unter anderem für ein Gesetz starkgemacht haben, das Milchan Steuervergünstigungen in Millionenhöhe verschaffen sollte. Außerdem habe er ihm dabei geholfen, ein neues US-Visum zu erhalten.

Zudem soll Netanjahu versucht haben, unrechtmäßig Einfluss auf die Medienberichterstattung zu nehmen. Dabei soll er sich darum bemüht haben, sich in einem Deal mit einem Medienmogul eine positivere Berichterstattung in der regierungskritischen Zeitung "Jediot Achronot" zu sichern. Im Gegenzug habe Netanjahu Hilfe dabei in Aussicht gestellt, den Einfluss der auflagenstarken Gratiszeitung "Israel Hajom" zu schwächen, die lange als sein Sprachrohr galt.

Die Polizei teilte mit, es gebe auch ausreichende Beweise für eine Anklage Milchans und des Zeitungsherausgebers Arnon Moses. Anwälte der beiden wiesen die Vorwürfe zurück.

Bei den Ermittlungen zu dem "Milchan-Gesetz" wurde auch Netanjahus politischer Rivale Jair Lapid von der Zukunftspartei befragt, der in dem betreffenden Zeitraum Finanzminister war. Netanjahus Vertrauter David Amsalem bezeichnete Lapid wegen seiner Aussage als "Verräter".

Netanjahus Koalitionspartner signalisierten den Willen, in der Regierung zu bleiben. Verteidigungsminister Avigdor Lieberman sagte, Netanjahu könne "im Amt bleiben, solange er nicht von einem Gericht verurteilt ist".

Erziehungsminister Naftali Bennett von der Siedlerpartei sagte zu den Polizeiempfehlungen, Netanjahu erfülle nicht die Standards, die von einem israelischen Regierungschef erwartet würden. Es gelte jedoch die Unschuldsvermutung. "Ich habe mich entschlossen, auf die Entscheidung des Generalstaatsanwalts Avichai Mandelblit zu warten." Es ist unklar, wann Mandelblit die Entscheidung treffen wird, ob Netanjahu angeklagt wird oder nicht.

Bereits während Netanjahus erster Amtszeit als Regierungschef hatte die Polizei der Staatsanwaltschaft 1997 empfohlen, ihn wegen Betrugs und Vertrauensbruchs anzuklagen. Der Generalstaatsanwalt entschied sich jedoch damals mangels stichfester Beweise dagegen.

Heather Nauert, Sprecherin des US-Außenministeriums, sagte auf eine Reporterfrage zu der Anklage-Empfehlung: "Das Einzige, was ich dazu zu sagen habe, ist, dass die Vereinigten Staaten nicht nur mit Ministerpräsident Benjamin Netanjahu, sondern auch mit der Regierung Israels eine sehr starke Beziehung haben. Uns ist das natürlich bekannt, aber wir betrachten dies als eine interne israelische Angelegenheit."

Netanjahus Vorgänger Ehud Olmert war über Korruptionsvorwürfe gestürzt. Er musste 2008 zurücktreten, blieb aber noch bis zu Neuwahlen im Frühjahr 2009 im Amt. Nach einer Verurteilung ging Olmert im Februar 2016 für 16 Monate in Haft.

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