Kommentar zum Kuba-Besuch Barack Obamas Neue Ära

Meinung | Miami · So schwer sich US-Präsident Barack Obama damit tut, Konflikte zu Beenden und Krisen einzudämmen, so erfolgreich ist er, wenn es um das Aufbrechen historischer Blockaden geht. Obamas Besuch auf der sozialistischen Karibikinsel markiert den Beginn einer neuen Ära.

 Händeschütteln für die Kameras: Im Palast der Revolution empfing Kubas Präsident Raúl Castro den US-Präsidenten.

Händeschütteln für die Kameras: Im Palast der Revolution empfing Kubas Präsident Raúl Castro den US-Präsidenten.

Foto: dpa

Kriege zu beenden und Aggressoren unter Kontrolle zu bringen, war nie die Stärke von Barack Obama. Von Afghanistan über den Irak und Libyen bis nach Syrien reicht das Pannenregister, das Amerikas Präsident in gut einem Jahr mit in den Ruhestand nehmen wird. Erfreulich anders, sieht es aus, wenn es um das Aufbrechen historischer Blockaden geht. Mit dem Atom-Deal mit Iran hat Obama (bis zum Beweis des Gegenteils) bewiesen, dass geduldig praktizierte Diplomatie Erfolge von globalem Maßstab zeitigen kann.

Auch in Kuba trägt die fälschlicherweise als leichtgewichtig bezeichnete Obama-Doktrin, die Amerika die Abkehr von der Rolle des erst schießenden und dann nachdenkenden Weltpolizisten verordnet, erste Früchte. Das Ende der von Ideologie überfrachteten Eindämmungspolitik Washingtons gegenüber dem sozialistischen Inselreich, die Obama mit seinem Staatsbesuch beglaubigt, markiert eine Epochenwende. Nach über einem halben Jahrhundert voller Feindseligkeit ist der Kalte Krieg im Hinterhof Amerikas vorbei.

In Kuba wird das rigide Ein-Parteien-System nicht über Nacht lernen, Freiheit unfallfrei zu buchstabieren. Die wahren Hoffnungen ruhen auf 2018. Wenn der greise Raúl Castro abtritt und die Verantwortung in jüngere Hände legt, erst dann wird sich wirklich zeigen, welche Weg Kuba nehmen wird. Bis dahin werden die Probleme nicht weniger.

Die Wirtschaft ist eine einzige Katastrophe. Die Löhne sind nicht der Rede wert. Die Infrastruktur ist zum großen Teil schlechter als der Zustand von Artefakten im Museum. Über 40 000 Kubaner haben der Insel 2015 in Richtung Norden den Rücken gekehrt. Aus Furcht davor, dass die USA das Privileg der automatischen Aufenthaltsbewilligung streichen, je normaler die Beziehungen werden.

Diese Torschlusspanik wird keine noch so eloquente Rede lindern. Bessere Gehälter, mehr Berufschancen, barrierefreies Reisen ins Ausland, Bürger-Freiheiten ohne Vorbehalte – ohne die Aussicht auf substanzielle Fortschritte werden die Söhne und Töchter der Revolution von 1959 weiter das Weite suchen.

Wer in Havanna in diesen Tagen mit Menschen quer durch alle sozialen Schichten spricht, bekommt abseits der generellen Erleichterung über das Ende der Eiszeit die Sorge unverblümt mitgeteilt. Ist die Entspannungspolitik nur ein Trojanisches Pferd? Zielt Obama vielleicht doch nur auf einen Regime-Wechsel?

Obama hat den segensreichen ersten Schritt getan. Amerika hat es mit in der Hand, wie der Wandel auf Kuba gestaltet wird. Alle Fortschritte müssen am Ende die Handschrift und das Tempo von Kubanern tragen. Amerika darf Mentor und Antreiber sein. Aber nie wieder das unersättliche Kapitalismus-Raubtier, das Kuba vor Fidel Castros Umsturz in einen tropischen Sündenpfuhl verwandelte.

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