Nato Nato verärgert über Madrids Hilfe für Moskau

Brüssel · Spanien hätte russische Kriegsschiffe an seinen Küsten auftanken lassen. Kritiker werfen dem Nato-Mitglied Scheinheiligkeit vor, weil es einerseits die Luftangriffe der russischen Armee gegen Aleppo verurteilt, andererseits aber die Infrastruktur für die Versorgung der Schiffe Russlands stellen wollte.

 „Politik der zunehmenden Bedrohung“: Nato-Generalsekretär Jens Stoltenberg in Brüssel.

„Politik der zunehmenden Bedrohung“: Nato-Generalsekretär Jens Stoltenberg in Brüssel.

Foto: AFP

Eigentlich wollten die Nato-Verteidigungsminister bei ihrem Treffen in Brüssel vor allem ihre Empörung gegen Moskau zum Ausdruck bringen. „Unsere Sorge ist, dass der russische Flugzeugträger und seine Begleitschiffe als Plattform für verstärkte Luftangriffe gegen Zivilisten in Aleppo genutzt werden können“, hatte Jens Stoltenberg, der Generalsekretär der Allianz, vor Beginn des Treffens am Mittwoch gesagt. Aber noch bevor die Runde zusammenkam, richtete sich die Verärgerung gegen ein Mitglied, das mit am Tisch saß: Spanien. Denn am Mittwochmorgen wollte der russische Verband mit dem Flugzeugträger „Admiral Kusnezow“ und sieben Begleitschiffen im nordafrikanischen Ceuta festmachen, um aufzutanken. Die Enklave gehört zu Spanien. „Scheinheiligkeit“ warfen Kritiker den Iberern vor, die einerseits die Luftangriffe der russischen Armee gegen Aleppo verurteilen, andererseits aber die Infrastruktur für die Versorgung der Schiffe Russlands stellen.

Bundesverteidigungsministerien Ursula von der Leyen (CDU) meinte zwar in Brüssel nur knapp: „Das ist Sache der Spanier.“ Andere waren keineswegs so zurückhaltend und hielten Madrid offen vor, Moskaus Krieg gegen die Zivilbevölkerung indirekt zu unterstützen. Es wäre außerordentlich besorgniserregend, wenn ein Nato-Mitglied einen russischen Verband unterstützen würde, „der am Ende möglicherweise syrische Zivilisten bombardiert“, schimpfte Londons Verteidigungsminister Michael Falton.

Dabei ist die Praxis durchaus üblich. Seit 2011, so Nato-Experten, hätten rund 60 Mal Flugzeugträger, Kreuzer und Begleitschiffe in Ceuta Treibstoff gebunkert. Verteidigungsminister Pedro Morenés versprach jedenfalls gestern in Brüssel, „nichts zu tun, was gegen die Interessen des Bündnisses gerichtet sein könnte“. Die derzeitige Praxis werde „überprüft“. Das muss er aber gar nicht mehr. Am Nachmittag zog Moskau die Anfrage nach frischem Sprit für seine Schiffe zurück.

Der Krach war auch deswegen ärgerlich, weil die Nato-Minister eigentlich ein „deutliches Signal“ (von der Leyen) Richtung Moskau senden wollten, seine „Politik der zunehmenden Bedrohung“ (Stoltenberg) zu stoppen. Bis zum Mai nächsten Jahren will die Allianz jeweils 1000 Soldaten in Polen, Lettland, Estland und Litauen stationieren – eine Art „Stolperdraht“ für Moskaus Truppen, wie man es in Brüssel ausdrückte, sollte Präsident Wladimir Putin doch zu einem Vorrücken auf das westliche Gebiet entschlossen sein. Fest steht bereits, dass Deutschland, die USA, Kanada und Großbritannien die Leitung des Einsatzes in je einem der vier Länder übernehmen sollen.

Demnach entsendet die Bundeswehr mehr als 500 Soldaten nach Litauen und übernimmt dort auch die Leitung des Kommandos. Frankreich, Norwegen und die Beneluxstaaten beteiligen sich. Es gehe bei der Stationierung „um glaubwürdige Abschreckung, aber nicht darum, Konflikte zu provozieren“, erklärte der Generalsekretär des Bündnisses. Von der Leyen sprach in Brüssel von einem „hochwertigen, multinationalen Verband“, mit dem man deutlich machen wolle: „Der Angriff auf ein Land ist ein Angriff auf alle“.

In Moskau verurteilt man erwartungsgemäß die Initiative der Nato. Spätestens beim nächsten Nato-Russland-Rat im November, dem zweiten nach der monatelangen Funkstille zwischen Moskau und Brüssel, wolle man mit den Vertretern Russlands reden, betonten die Minister. Dann werde man deutlich machen, dass es uns nicht um Drohgebärden, sondern um Absicherung geht“.

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort