Donald Trump Meuterei auf dem Trump-Schiff

Washington · Ein hoher Regierungsangestellter bekennt sich anonym als Saboteur der Politik des US-Präsidenten. Der Präsident fühlt sich bestätigt und wittert eine Verschwörung.

 Er soll vor Wut gekocht haben, als er von den Enthüllungen erfahren hatte: US-Präsident Donald Trump.

Er soll vor Wut gekocht haben, als er von den Enthüllungen erfahren hatte: US-Präsident Donald Trump.

Foto: AFP

Die zeitliche Nähe fiel sofort auf. Kaum hatte Donald Trump das neue Enthüllungsbuch von Watergate-Legende Bob Woodward über das von „Chaos“ und „Intrigen“ gebeutelte Weiße Haus als „pure Fiktion“ abgekanzelt, da wurde spektakulär Widerspruch laut. In einem anonymen Meinungsbeitrag in der „New York Times“ hat ein bewusst von dem Blatt geschützter hochrangiger Regierungsangestellter in nie dagewesener Form beschrieben, dass innerhalb der Administration führende Leute nach Kräften einen „amoralischen“ Präsidenten sabotieren, um Schaden von Amerika abzuwenden.

Unter der Überschrift „Ich bin Teil des Widerstands innerhalb der Trump-Regierung“ heißt es: „Viele der führenden Offiziellen in seiner eigenen Regierung arbeiten fleißig von innen daran, Teile seiner Agenda und seine schlimmsten Neigungen zu entschärfen. Ich weiß das, denn ich bin einer von ihnen.“ Trump reagierte mit „vulkanischer Wut“ („Washington Post“).

Er warf der „New York Times“, seiner Heimatzeitung, mit der ihn eine jahrelange Hassliebe verbindet und die führend bei der Aufdeckung von Skandalen rund um Trump ist, die Begünstigung von „Hochverrat“ vor. Trump verlangte die „Auslieferung“ des Autoren „an die Regierung“, falls dieser denn „wirklich existiert“. Regierungssprecherin Sarah Sanders sprach von einem „Feigling“, der zurücktreten müsse.

Die dominierende Zeitung in Amerika räumte ein, dass die Veröffentlichung nicht den Gepflogenheiten entspricht. Aber: „Wir glauben, dass die anonyme Veröffentlichung dieses Essays der einzige Weg ist, unseren Lesern eine wichtige Perspektive zu geben.“ Unmittelbar nach Veröffentlichung des Textes setzte im Weißen Haus die Jagd nach dem je nach Standpunkt als „Held“ oder „Nestbeschmutzer“ bezeichneten Autor ein.

Mike Pence unter Verdacht

Weil das Wort „Leitstern“ in der Philippika vorkommt, geriet schnell Vizepräsident Mike Pence unter Verdacht – er hatte den eher selten zu hörenden Terminus in vielen Reden benutzt. Auch Außenminister Mike Pompeo und Geheimdienstkoordinator Dan Coats wurden in US-Medien als mögliche Urheber gehandelt. Sie ließen allesamt vehement dementieren.

Für sich und seine Mitstreiter nimmt der Anonymus in Anspruch, die „demokratischen Institutionen zu schützen“. Es gehe darum, den von „irregeleiteten Impulsen“ gesteuerten Präsidenten, der „antidemokratisch“ und gegen „freien Handel“ und „freie Meinungsäußerung“ eingestellt sei, so gut es geht zu neutralisieren – bis er nicht mehr im Amt ist.

Trump sei „unüberlegt, konfliktsüchtig, kleinkariert und ineffektiv“. Sein Charakter bringe „halbgare, schlecht informierte und zuweilen rücksichtslose Entscheidungen“ hervor, die später mit hohem Aufwand eingefangen werden müssten. Als Beispiel wird Trumps Russland-Kurs genannt. Während der Präsident sich bei Wladimir Putin anbiedere, hätten Schlüsselfiguren in der Regierung neue Sanktionen gegen Russland auf den Weg gebracht.

Erfolge wie die Steuerreform, der Aufwuchs beim Militär oder die Entschlackung der Wirtschaft von hemmender Bürokratie seien nicht wegen, sondern trotz Trump geschafft worden, betont der Autor, der sich prinzipiell als Unterstützer des Präsidenten ausgibt. „Wir wollen, dass die Regierung erfolgreich ist und denken, dass viele ihrer Strategien Amerika schon jetzt sicherer und wohlhabender gemacht haben.“

Sorge vor Verfassungskrise

Allerdings schade Trumps Wesen der „Gesundheit der Republik“. Darum versuchten die „Erwachsenen im Raum“ zu tun, „was richtig ist, auch wenn der Präsident dem entgegensteht“. Wie ernst die Lage sei, ergibt sich nach Angaben des Verfassers dadurch, dass im Kabinett schon kurz nach Amtsantritt im Januar 2017 erwogen worden sei, den Präsidenten für amtsunfähig zu erklären und nach dem 25. Verfassungszusatz abzulösen. Aus Sorge vor einer „Verfassungskrise“ habe man darauf verzichtet.

Die Aussicht auf eine mögliche Palastrevolution hat Trump verunsichert und noch trotziger gemacht, zumal das neue Enthüllungsbuch von Woodward mit allen Details erst am nächsten Dienstag in den Handel kommt. In mehreren Twitter-Beiträgen an seine 54 Millionen Anhänger betonte der Präsident, dass Amerika unter seiner Führung einen wirtschaftlich beispiellosen Aufstieg erfahren habe. Was den politischen Gegner, die Demokraten, und die „Lügenpresse“ verrückt mache. Wahr sei jedoch, dass ihn niemand bei der nächsten Wahl 2020 „auch nur annähernd“ schlagen könne.

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