Nach Kashoggis Tod Merkel will Rüstungsexporte an Saudis stoppen

Berlin · Bundeskanzlerin Angela Merkel will nach dem Tod des Journalisten Jamal Khashoggi vorerst keine Rüstungsexporte an Saudi-Arabien mehr. Die Grünen fordern einen grundlegenden "Politikwechsel in der Rüstungsexportpolitik".

Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) will nach dem gewaltsamen Tod des Journalisten Jamal Khashoggi vorerst keine weiteren Rüstungsexporte an Saudi-Arabien. Dies könne "nicht stattfinden in dem Zustand, in dem wir momentan sind", sagte sie am Sonntagabend in Berlin. Die Grünen riefen Merkel auf, den Worten Taten folgen zu lassen, und forderten einen grundlegenden "Politikwechsel in der Rüstungsexportpolitik".

Nach einer Sitzung der CDU-Parteigremien sagte Merkel, es gebe im Fall Khashoggi "dringenden weiteren Klärungsbedarf". Es liege längst nicht alles "auf dem Tisch". Auch seien "längst nicht die Verantwortlichen zur Rechenschaft gezogen worden". Merkel betonte zugleich, weitere Reaktionen sollten international koordiniert werden.

EU-Kommissar Günther Oettinger (CDU) warnte derweil vor übereilten Reaktionen. Zwar könnten Entscheidungen über "einzelne Rüstungsexporte" zurückgestellt werden, sagte Oettinger den Zeitungen der Funke Mediengruppe vom Montag. "Eine grundsätzliche Entscheidung sollte man aber erst treffen, wenn eine umfassende Aufklärung geschehen ist - oder wenn man Vertuschung bei den Saudis vermuten muss." Saudi-Arabien habe zwar eine "Tötung" Khashoggis zugegeben, sagte der CDU-Politiker. "Aber es ist noch nicht klar, ob es ein gemeiner Mord war."

Der CDU-Außenpolitiker Jürgen Hardt (CDU) sagte der "Passauer Neuen Presse", im Koalitionsvertrag sei bereits "klar festgelegt, dass wir keine Rüstungsexporte mehr an Saudi-Arabien genehmigen wollen". Es gebe dabei "einige wenige Ausnahmen". "Dabei bleibt es, solange sich die politischen Verhältnisse in Riad nicht grundsätzlich ändern."

Grünen-Fraktionschef Anton Hofreiter forderte gegenüber der Nachrichtenagentur AFP "einen dauerhaften Stopp deutscher Rüstungsexporte in Konfliktgebiete und an autoritäre Staaten". Mit Blick auf Merkels Äußerungen sagte Hofreiter: "Wenn Angela Merkel es ernst meint, muss sie alle bisherigen Genehmigungen für Rüstungsexporte an Saudi-Arabien zurücknehmen und ihre gesamte Rüstungspolitik auf den Prüfstand stellen."

Riad hatte am Wochenende unter internationalem Druck eingeräumt, dass Khashoggi Anfang Oktober im Konsulat des Königreichs in Istanbul getötet worden war. Nach Angaben der saudiarabischen Generalstaatsanwaltschaft führte eine "Schlägerei" im Konsulat zum Tod des Journalisten. Die Erklärung stieß international auf große Skepsis.

US-Präsident Donald Trump warf Riad in dem Zusammenhang gar "Lügen" vor. Der türkische Präsident Recep Tayyip Erdogan kündigte an, er werde am Dienstag im Parlament die "ganze Wahrheit" enthüllen. Trump und Erdogan besprachen am Sonntag in einem Telefonat den Fall Khashoggi und forderten Klarstellungen, wie die türkische Präsidentschaft erklärte. Trump telefonierte nach Angaben des Weißen Hauses auch mit dem französischen Präsidenten Emmanuel Macron.

Kanadas Premierminister Justin Trudeau schloss nicht aus, dass ein wichtiges Rüstungsgeschäft mit Saudi-Arabien abgesagt werden könnte. Dabei geht es um den Verkauf von kanadischen Panzerfahrzeugen im Wert von umgerechnet knapp zehn Milliarden Euro an Riad.

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