Treffen in Algier Merkel lobt Algerien für Rückführung von Asylbewerbern

Algier · Die Kanzlerin lobt den Stabilitätskurs Algeriens in Nordafrika. Die Regierung in Algier sagt zu, noch besser als bisher bei Rückführungen abgelehnter Asylbewerber zusammenzuarbeiten. Ob das die angespannte Stimmung in Deutschland verbessern kann?

 Bei einem Treffen mit dem algerischen Premierminister Ahmed Ouyahia lobt Kanzlerin Angela Merkel die gute Zusammenarbeit beider Länder bei der Rückführung abgelehnter Asylbewerber.

Bei einem Treffen mit dem algerischen Premierminister Ahmed Ouyahia lobt Kanzlerin Angela Merkel die gute Zusammenarbeit beider Länder bei der Rückführung abgelehnter Asylbewerber.

Foto: Michael Kappeler

Kanzlerin Angela Merkel (CDU) hat der algerischen Regierung Unterstützung bei ihrem Stabilitätskurs zugesagt und Fortschritte bei der Rückführung abgelehnter Asylbewerber gelobt.

Es gebe eine "sehr konstruktive Zusammenarbeit" der Behörden bei der Rückführung, sagte Merkel nach einem Treffen mit dem seit August 2017 regierenden Ministerpräsidenten Ahmed Ouyahia in der algerischen Hauptstadt Algier. Zugleich setzte sich die Kanzlerin für mehr Freiheiten der Menschen in Algerien ein.

Merkel würdigte den Einsatz Algeriens, des flächenmäßig größten Landes Afrikas, zur Lösung der Konflikte in der Region. Sie teile die Ansicht der algerischen Regierung in diesem Zusammenhang, "dass es eine selbstgeschaffene Problemlösung sein muss, bei der Partner von außen nur helfen können, aber nicht die Probleme selbst lösen". Im Zusammenhang mit der wirtschaftlichen Entwicklung des Landes sei eine "möglichst offene und vielfältige Zivilgesellschaft sinnvoll", bei der gerade auch die Kreativität der Jugend eingebracht werden solle, betonte Merkel angesichts von Kritik von Amnesty International an der Lage der Menschenrechte im Land.

Ouyahia sagte, sein Land wolle das Thema der etwa 3700 ausreisepflichtigen Algerier in Deutschland so schnell wie möglich abarbeiten. Algerien sei bereit, die Landsleute zurückzunehmen, sofern sichergestellt sei, dass es sich um Algerier handele. Algerien werde bei der Identifizierung seiner Bürger noch effizienter arbeiten, da die entsprechenden Daten mittlerweile digitalisiert worden seien und man über Fingerabdrücke verfüge.

Um Frequenz und Anzahl der Rückführungen zu erhöhen, forderte Ouyahia die Bundesregierung auf, bei der Lufthansa darauf hinzuwirken, dass sie bei ihren wöchentlich elf Flügen zwischen Deutschland und Algerien an den Rückführungen teilnimmt. Algerien lehnt die Nutzung von Charterflugzeugen für Rückführungen ab und bringt etwa fünf Ausreisepflichtige auf wöchentlich sechs Flugverbindungen der algerischen Fluggesellschaft in die Heimat.

Algerien ist wichtiges Transitland für Migranten, die mit dem Boot nach Europa übersetzen wollen. Das Land grenzt an Mali und Niger, die ebenfalls wichtige Durchgangsländer sind. Während Italien seine Häfen immer weiter abschottet, sind die Ankünfte in Spanien gestiegen. Die meisten Migranten starten derzeit von Marokko aus. Vorher haben sie von Algerien kommend die mehr als 1000 Kilometer lange Wüstengrenze passiert, weshalb Marokko mit seinem Nachbarn im Streit liegt.

Die Zahl der Rückführungen abgelehnter Asylbewerber aus Algerien hat sich seit 2015 deutlich erhöht. Das Bundesinnenministerium teilte der "Rheinischen Post" mit, die Zahl habe sich von 57 im Jahr 2015 auf 504 im Jahr 2017 nahezu verneunfacht. Bis Juli 2018 habe sich dieser Trend mit rund 350 Abschiebungen fortgesetzt. Die Zahl abgelehnter, eingestellter oder widerrufener Asylanträge von Algeriern belaufe sich auf 7500.

Aus deutschen Regierungskreisen hieß es am Rande der Reise ebenfalls, es gebe eine positive Bilanz der Zusammenarbeit mit Algier in Migrationsfragen. Knapp 3700 in Deutschland lebende Algerier seien ausreisepflichtig. Hinzu kommen demnach gut 1300 Menschen aus dem Land, die gegen die Ablehnung ihres Asylantrags geklagt haben und deren Gerichtsverfahren noch läuft. Es wird damit gerechnet, dass der übergroße Anteil von ihnen keine Chance auf Anerkennung hat - die Quote der anerkannten Asylbewerber aus Algerien liegt bei zwei Prozent.

Bis zum Jahresende rechne man mit 600 bis 700 Rückführungen nach Algerien aus Deutschland, hieß es in den Kreisen weiter. Hinzu kämen bislang etwa 200 freiwillige Ausreisen von Algeriern, bis Jahresende würden es voraussichtlich doppelt so viele sein. Nachdem die Rückführungen vor drei Jahren bei 30 Menschen im Gesamtjahr gelegen hätten, sei dies nun eine insgesamt gute Entwicklung.

Nach der Unterredung mit Ouyahia kam Merkel mit dem seit 1999 amtierenden schwerkranken Präsidenten Abdelaziz Bouteflika zusammen. Merkel wollte den 81-Jährigen, der bei der Wahl im kommenden Jahr trotz seiner gesundheitlichen Probleme für eine fünfte Amtszeit kandidieren könnte, als Symbol der Stabilität von Algerien würdigen. Zum Abschluss des Besuchs wollte sich die Kanzlerin mit Vertretern der algerischen Zivilgesellschaft treffen, darunter Menschenrechtsanwälte, Intellektuelle, Kulturschaffende und Frauenrechtler.

Zum Auftakt ihres Besuches in Algerien hatte Merkel eine deutsch-algerische Partnerschaftsschule besucht. Sie nahm bei ihrem Rundgang durch das Mädchen-Gymnasium in Algier unter anderem an einer Physik- und an einer Deutsch-Stunde teil.

Das Gymnasium mit etwa 700 Schülerinnen gehört seit 2014 zu mittlerweile vier Schulen in Algerien, die an der vor zehn Jahren vom Auswärtigen Amt ins Leben gerufenen Initiative "Schulen: Partner der Zukunft" (Pasch) teilnehmen. Dabei geht es um ein weltweites Netz von mehr als 2000 Schulen in mehr als 120 Ländern mit besonderer Deutschlandbindung. Leitgedanken sind Perspektiven junger Menschen durch Bildung, eine Erweiterung des Horizonts durch Mehrsprachigkeit und ein gemeinsames Angehen von Zukunftsproblemen in einer internationalen Lerngemeinschaft.

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