Personalrochade in der Politik Martin Schulz: Von Brüssel nach Berlin?

Brüssel · Martin Schulz fehlt im EU-Parlament die Perspektive. Ein Wechsel des Politikers ins Amt des Außenministers könnte auch der CSU nützen.

 Martin Schulz, derzeit EU-Parlamentspräsident, wird als Nachfolger Steinmeiers gehandelt.

Martin Schulz, derzeit EU-Parlamentspräsident, wird als Nachfolger Steinmeiers gehandelt.

Foto: dpa

Schulz nach Berlin? Diese Rochade passte zu den jüngsten Entwicklungen in Brüssel. Schulz steht seit Anfang 2012, also schon seit fünf Jahren, an der Spitze des Europaparlaments. Doch Schulz fehlt in der Europapolitik die Zukunftsperspektive. Und das kommt so: Wie niemandem zuvor ist es dem sprachgewandten Sozialdemokraten aus Würselen bei Aachen zwar gelungen, der Europapolitik ein Gesicht zu geben, keiner seiner Vorgänger hat das Amt des Parlamentspräsidenten so lange ausgeübt wie er. Und keiner vor ihm hat dieses eigentlich überparteilich gedachte Amt so sehr für sich in die parteipolitische Waagschale geworfen wie Schulz, was ihm viele Konservative, Grüne und Liberale auch übel nehmen.

Der 60-Jährige hat Gefallen gefunden an dem „Präsidenten“-Amt. Er hat in den letzten Monaten hinter den Kulissen auch viel versucht, um noch einmal Verlängerung zu bekommen. So hat er etwa Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker, immerhin einen Christdemokarten, dazu bewegen können, öffentlich für eine weitere Amtszeit für Schulz zu trommeln. Schulz hat zwar bislang vermieden, offiziell seinen Wunsch anzumelden. Es zweifelt aber niemand, dass er gern weitermachen würde.

Doch die Chancen für Schulz stehen schlecht, noch einmal gewählt zu werden, wenn am 17. Januar im Europaparlament in Straßburg die Entscheidung ansteht. Die größte Fraktion im Europaparlament, die EVP mit ihren 215 Abgeordneten, besteht darauf, den nächsten Präsidenten zu stellen. Die Christdemokraten berufen sich dabei auf eine schriftliche Absprache mit den Sozialdemokraten vom Beginn der Wahlperiode. Seinerzeit wurde vereinbart, dass zur Mitte der Wahlperiode der Präsidentenposten an die EVP geht. EVP und Sozialdemokraten, die 189 von 751 Abgeordneten stellen, bilden im Europaparlament so etwas wie eine informelle große Koalition. Klar ist, dass diese Zusammenarbeit scheitern würde, wenn sich die Sozialdemokraten nun nicht an ihre Zusage von 2014 gebunden fühlten.

Chef der EVP-Fraktion im Europaparlament ist der 44 Jahre alte CSU-Vize Manfred Weber. Weber steht in der Frage unter Druck der Fraktion: Sie würde es ihm nicht durchgehen lassen, wenn er den Sozialdemokraten den Vortritt ließe. Und damit eine Plattform, um im nächsten Europa-Wahlkampf zu punkten. Als Fraktionschef hätte Weber zwar den ersten Zugriff auf den Posten als Parlamentspräsident. Doch Weber will nicht so recht, in seiner Karriereplanung kommt ihm das repräsentative Amt zu früh. Auch Weber wäre bei der Suche nach einem geeigneten Kandidaten in den eigenen Reihen geholfen, wenn Schulz ins Auswärtige Amt ginge. Ohne den populären Schulz hat Weber nämlich bessere Aussichten, seinen eigenen Kandidaten bei der Wahl durchzubringen. Womöglich hat dieses Brüsseler Kalkül der CSU auch geholfen, sich doch noch zur Unterstützung für Steinmeier durchzuringen.

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