Weltbischofssynode Kompromiss im Vatikan

Feierlich ging die Weltbischofssynode gestern zu Ende - mit einem Gottesdienst im Petersdom. Papst Franziskus und die knapp 270 Synodenväter feierten die Messe zum Abschluss einer Versammlung, in der die verschiedenen Sichtweisen über den künftigen Kurs der katholischen Kirche zum Vorschein kamen.

 Papst Franziskus ruft bei einem Gottesdienst zum Abschluss der Synode dazu auf, den begonnenen Weg gemeinsam weiterzugehen.

Papst Franziskus ruft bei einem Gottesdienst zum Abschluss der Synode dazu auf, den begonnenen Weg gemeinsam weiterzugehen.

Foto: dpa

Nach der Veröffentlichung eines 50 Seiten langen Abschlussberichts mit 94 Thesen wurde im Vatikan um die Deutungshoheit zu dem Papier gerungen, das den Charakter eines Kompromisses zwischen reformorientierten und traditionalistischen Bischöfen trägt.

Der Abschlussbericht der Synode zum Thema Ehe und Familie sei "ein wirklicher Schritt nach vorn", behauptete Kardinal Reinhard Marx am Samstagabend vor Journalisten. Die Bischöfe auf der Versammlung hätten den Weg des Papstes unterstützt.

Der als besonders reformorientiert geltende Bischof von Antwerpen, Johan Bonny, sagte auf einer Pressekonferenz: "Wir brauchen mehr Zeit." Türen seien nun geöffnet, die Bischöfe befänden sich in einem Prozess. Der Papst sagte beim Angelusgebet gestern auf dem Petersplatz über die Synode: "Es war anstrengend, es wird aber gewiss viele Früchte bringen." Aus konservativen Kreisen verlautete hingegen, die Synode habe das Lehramt von Johannes Paul II. "verdreht".

Franziskus hatte in einem vor zwei Jahren angestoßenen Prozess auf die Hinwendung der katholischen Kirche zu mehr Verständnis für "pastoral schwierige Situationen" gedrängt. Dazu zählen die bis zuletzt umstrittenen Fragen der Beurteilung von Partnerschaften, die nicht dem katholischen Ideal der sakramentalen Ehe entsprechen und die Zulassung von wiederverheirateten Geschiedenen zur Kommunion.

Diese Streitfragen wurden in dem in allen Punkten mit Zweidrittelmehrheit verabschiedeten Bericht weiterhin offen gelassen. Bei der Frage der Beurteilung homosexueller Partnerschaften wiederholten die Bischöfe die im Katechismus ausgedrückte Haltung der katholischen Kirche. Darin wird der Respekt vor dem einzelnen Individuum geäußert, eine Gleichstellung homosexueller Partnerschaften mit der Ehe aber nachdrücklich ausgeschlossen.

Das knappste Abstimmungsergebnis mit einem Drittel Gegenstimmen wurde bei der Frage des Umgangs mit wiederverheirateten Geschiedenen erzielt. Die Frage ist relevant, weil der Ausschluss wiederverheirateter Geschiedener von den Sakramenten in einigen Fällen als unbarmherzig empfunden wird.

In einem von der deutschsprachigen Gruppe auf der dreiwöchigen Versammlung vorgeschlagenen Modell, für das sich letztendlich eine knappe Zweidrittelmehrheit der Teilnehmer aussprach, wird nach einem Weg der Besinnung eine Unterscheidung im Einzelfall und unter Aufsicht des Ortsbischofs empfohlen.

Dieser Vorschlag hatte im Vatikan Aufsehen erregt, weil sich in der deutschsprachigen Gruppe scheinbar theologisch unversöhnliche Positionen wie die der Kardinäle Walter Kasper oder Gerhard Ludwig Müller, zugleich Präfekt der Glaubenskongregation, gegenüberstanden. Im Abschlussbericht wird betont, dass es sich bei den 94 Absätzen um unverbindliche Empfehlungen an den Papst handelt.

Franziskus wird darin auch gebeten, ein lehramtliches Schreiben zu den aufgeworfenen Fragen zu verabschieden. Weder in seiner Schlussansprache am Samstagabend noch in der gestrigen Predigt deutete Franziskus an, ob er diesem Wunsch nachkommen werde. In der Predigt warnte Franziskus jedoch vor einer abstrakten Lehre. "Ein Glaube, der nicht im Leben der Menschen verwurzelt ist, bleibt dürr und schafft neue Wüsten anstatt Oasen", sagte der Papst. Jesus wolle einschließen, vor allem die Ausgegrenzten.

In seiner Schlussansprache am Samstagabend hatte der Papst zudem die Berücksichtigung der kulturellen Wirklichkeit im Sinne des Zweiten Vatikanischen Konzils gefordert. "Echte Hirten verteidigen nicht das bloße Wort, sondern den Geist, nicht Ideen, sondern den Menschen, nicht Formeln, sondern die kostenlose Liebe Gottes und seine Gnade."

Im Abschlussdokument bemühten sich die Synodenteilnehmer um einen freundlichen und pastoralen Ton und betonten immer wieder die Notwendigkeit, keine Pauschalurteile zu fällen, sondern Einzelfälle zu unterscheiden. Auffällig ist an mehreren Stellen auch die Empfehlung, den Ortsbischöfen in den Diözesen mehr Möglichkeiten bei der Entscheidung "schwieriger Situationen" zu geben. Papst Franziskus hatte vor einer Woche den Prozess einer "heilsamen Dezentralisierung" angekündigt. Die Synodenväter sprachen sich im Schlussbericht außerdem für eine bessere Ehevorbereitung und eine positivere Sprache im Zusammenhang mit Ehe und Familie aus.

Die Weltbischofssynode stand am Ende eines Prozesses, den Papst Franziskus vor rund zwei Jahren mit der Versendung eines Fragebogens zu Ehe- und Sexualmoral an die Gläubigen in aller Welt startete. Im vergangenen Jahr trafen sich die Bischöfe zu einer außerordentlichen Synode zum Thema Ehe und Familie, nun folgte das ordentliche Treffen mit dem Schlussbericht. "Gehen wir auf dem Weg weiter, den der Herr für uns vorgesehen hat", sagte der Papst gestern.

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