Kommentar zum Treffen von Donald Trump und Kim Jong Un Kim hat Oberwasser

Meinung | Hanoi · Donald Trump wirkt in diesen Tagen mal wieder besonders wirr. Kim Jong Un hingegen folgt einer klaren Agenda. Das könnte Vorteile für Nordkorea bringen.

Zum Auftakt des Gipfels in Hanoi mit Nordkoreas Machthaber Kim Jong Un gab sich der US-Präsident zuversichtlich. „Großartige Dinge“ würden geschehen. Vor dem Abflug nach Hanoi hatte derselbe Trump die Erwartungen noch heruntergeschraubt. Außenminister Mike Pompeo zeigte sich noch skeptischer. Er glaube nicht, dass Kim sein Atomprogramm aufgeben werde. Ja, was denn nun?

Ganz anders Kim. Der folgt einer klaren Agenda. Er will ein Friedensabkommen abschließen, um dann eine neue Sicherheitsarchitektur auszuhandeln, die auch China, Russland und Japan einschließt. Was seine Atomwaffen betrifft, wird er nur so viele Zugeständnisse machen, wie nötig sind, um Trump bis zur nächsten Präsidentschaftswahl gut dastehen zu lassen. Das ist Kims Kalkül.

In Hanoi dürfte Kim sich bereit erklären, internationale Inspektoren ins Land zu lassen und die Atomanlage Yongbyon nach waffenfähigem Plutonium durchforsten lassen. Mehr aber nicht. Mit einer Lockerung der Sanktionen dürfte sich der Diktator nicht mehr zufrieden geben. Das hat er längst erreicht. Der Handel zwischen China und Nordkorea läuft wieder.

Vielmehr könnte Kim von Trump den Abbau der US-Truppen fordern. Das galt vor Kurzem als undenkbar. Solange Nordkorea mit Atombomben zündelte, sahen sich China und Russland nicht in der Lage, die UN von einem Abzug der US-Truppen zu überzeugen. Nun fordern das sogar viele Südkoreaner. Plötzlich weiß Nordkorea wieder Verbündete hinter sich.

Trumps Stab behauptet, das erratische Vorgehen des Präsidenten sei Teil seiner Verhandlungsstrategie. Diesen Eindruck macht er nicht gerade. Oberwasser hat Kim.

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