Es wird nicht mehr gerettet Keine Seenotrettungsschiffe mehr an Italiens Küsten

Rom · Italien hat private Seenotrettungsschiffe gestoppt, nun sollen auch Militärschiffe keine Flüchtlinge mehr an Land bringen. Der italienische Innenminister Matteo Salvini hat die strikte Asylpolitik durchgesetzt.

Die Aktivitäten der privaten Seenotrettungsschiffe auf dem Mittelmeer sind de facto eingestellt. Derzeit kreuzen keine Schiffe von Nichtregierungsorganisationen (NGOs) vor der libyschen Küste, die extrem strikte Asylpolitik der neuen italienischen Regierung zeigt Wirkung. Vor allem Innenminister Matteo Salvini bestimmt den harten Kurs.

Ohne als Innenminister eigentlich dafür die Kompetenz zu haben, setzte er Anlegeverbote für die Schiffe der NGOs in italienischen Häfen durch. Der für Transport und Infrastruktur zuständige Minister Danilo Toninelli (Fünf-Sterne-Bewegung) springt Salvini regelmäßig bei.

Das Rettungsschiff Aquarius mit mehr als 600 Flüchtlingen musste Mitte Juni im spanischen Valencia anlegen, die von der deutschen Organisation Mission Lifeline betriebene Lifeline Ende des Monats auf Malta. Seither wird in La Valetta gegen Kapitän Claus-Peter Reisch ermittelt, das Schiff ist festgesetzt. Zuletzt lieferte die Open Arms 60 Flüchtlinge im Hafen von Barcelona ab und harrt dort seither aus. Angesichts der Blockadepolitik warten die NGOs derzeit ab.

Treffen der EU-Innen- und Justizminister

Nun möchte Innenminister Salvini noch einen Schritt weiter gehen. Er kündigte am Wochenende an, auch den mit Flüchtlingen beladenen Marineschiffen der EU-Mission Sophia keine Landeerlaubnis mehr in italienischen Häfen erteilen zu wollen. Auslöser für die Ankündigung Salvinis, er wolle darüber bei einem Treffen der EU-Innen- und Justizminister ab Mittwoch in Innsbruck diskutieren, war die Landung eines irischen Marineschiffs vergangene Woche in Messina. Die Samuel Beckett lieferte dort 106 Migranten ab. Weiter zurück gehen auch die Ankünfte von Flüchtlingen.

Insgesamt kamen laut UNHCR 47.300 Flüchtlinge seit Anfang Januar über das Mittelmeer in die EU. Im selben Zeitraum des Vorjahres waren es 101 000. Seit Beginn des Jahres erreichten knapp 17.000 Menschen Italien über das Mittelmeer. 1408 Menschen ertranken laut UNHCR, allein 483 Flüchtlinge zwischen dem 19. Juni und dem 3. Juli.

Gegenwind für seinen neuen Vorstoß bekam Lega-Chef Salvini aus der eigenen Regierung. Das vom Koalitionspartner Fünf Sterne geführte Verteidigungsministerium ließ wissen, für die Mission Sophia seien Außen- und Verteidigungsministerium und nicht der Innenminister zuständig. Unilateral könnte die Mission nicht beendet werden, hieß es. Während Spitzenpolitiker der Fünf Sterne Salvinis Linie unterstützen, rumort es unter anderem an der Parteibasis.

Hohe Prognosen für Fünf-Sterne-Bewegung

So protestierte der Präsident des Abgeordnetenhauses, Roberto Fico, in der vorigen Woche bei einem Besuch auf Sizilien gegen die harte Linie Salvinis und lobte die Arbeit der NGOs. Fico gehört der Gründungsgeneration der Fünf-Sterne-Bewegung an und gilt als Stimme des linken Flügels und der Basis.

In einer Umfrage, die der Fernsehsender Sky am Sonntag veröffentlichte, steht die Politik des Innenministers jedoch hoch im Kurs. 27 Prozent der Italiener würden derzeit Lega wählen, das wären zehn Prozent mehr als bei der Wahl am 4. März. Die Fünf-Sterne-Bewegung verlor laut Umfrage vier Prozentpunkte und sank auf rund 28 Prozent der Stimmen ab.

Die nächste Etappe im Streit um die EU-Asylpolitik steht nun beim Innen- und Justizministertreffen in Innsbruck an. Dabei wird weniger die seit 2015 unter italienischer Koordination laufende Sophia-Mission eine Rolle spielen. Italienischen Medien zufolge soll es dort zu einem informellen Treffen zwischen Salvini und seinem österreichischen Kollegen Herbert Kickl sowie Bundesinnenminister Horst Seehofer kommen. Wie es in Rom heißt, will Salvini dann vor allem über die Machbarkeit von Asylzentren auf afrikanischem Boden diskutieren und Fortschritte beim nächsten Baustein seiner Politik der Abschottung erzielen.

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