Treffen von Tsipras und Putin bleibt mau Keine Seelenverwandtschaft

MOSKAU · Nein, die griechische Seite hätte nicht um Geld gebeten, Wladimir Putin antwortete extrem knapp auf die Frage des Tages. Alexis Tsipras aber, im offenen weißen Hemd, grinste leicht, als er auf Griechenlands Schulden angesprochen wurde: "Das ist ja kein griechisches Problem, das ist ein europäisches Problem."

 Von wegen Schmusekurs: Der griechische Staatschef Tsipras (l.) kritisierte das Vorgehen Russlands in der Ukraine, Putin äußerte sich im Gegenzug sehr reserviert zu einer angedachten Gas-Pipeline in Griechenland. Einen wirklichen Durchbruch gab es nicht.

Von wegen Schmusekurs: Der griechische Staatschef Tsipras (l.) kritisierte das Vorgehen Russlands in der Ukraine, Putin äußerte sich im Gegenzug sehr reserviert zu einer angedachten Gas-Pipeline in Griechenland. Einen wirklichen Durchbruch gab es nicht.

Foto: AP POOL

Und man werde es im europäischen Rahmen lösen. Putin saß neben ihm, er macht ein eher unlustiges Gesicht und streichelte unwillkürlich den eigenen Handrücken.

Gestern empfing der russische Staatschef Wladimir Putin den griechischen Regierungschef Alexis Tsipras im Kreml. Ihr erstes persönliches Treffen. Ein Treffen, das Europas politische Öffentlichkeit in Alarmstufe versetzt hatte. In Berlin und Brüssel befürchtete man gar, der Premier des fast bankrotten Balkanstaates könne gegen eine saftigen russischen Milliardenkredit seine europäische Gesinnung verkaufen und aus der EU-Sanktionsfront gegen Russland ausbrechen.

Aber der europäische Unions-GAU fiel aus. Zwar versicherte Tsipras auf der anschließenden Pressekonferenz, seine Regierung sei daran interessiert, die von Russland geplante Gaspipeline "Türkischer Strom" in Griechenland weiterzubauen. Aber Putin selbst schränkte wieder wortkarg ein, man habe "sehr viel darüber geredet, aber noch nichts unterschrieben".

Zwar plauderte Tsipras von "Frühling" und "Neustart" im Verhältnis zu Russland, bezeichnete die Sanktionen gegen Russland als Teufelskreis. Griechenland werde sich in der EU statt Sanktionen für Verhandlungen einsetzen, sagte er wiederholt. Aber "im Rahmen unsere Möglichkeiten" fügte er ebenso wiederholt hinzu. "Wir halten uns an die Verpflichtungen der internationalen Organisation, denen wir angehören", ein trockenes Bekenntnis zu den EU-Sanktionen.

Selten, dass ein Verhandlungspartner nach einer Pressekonferenz mehr redet als Wladimir Putin. Selten, dass er besser gelaunt, lebendiger und smarter wirkt als der Russe. Aber diesmal sah Putin aus, als sei er bei den Gesprächen mit Tsirpas an irgendeinem Punkt aus dem Gleichgewicht geraten. Im Gegensatz zu dem Griechen.

In den vergangenen Tagen hatten westliche und russische Medien viel über die gemeinsame orthodoxe Religion und das traditionelle Faible der griechischen Linken für Moskau spekuliert. Aber offenbar fanden der gelernte KGB-Geheimdienstler Putin und der ehemalige Jungkommunist und Bauingenieur Tsipras gestern keine persönliche Seelenverwandtschaft.

Offenbar sagte der Mann aus Athen Putin gestern Dinge, die dieser von einem Politiker am Bettelstab nicht erwartet hatte. Am Vorabend des Staatsbesuches hatte Tsipras den blutigen Krieg im Donbass noch harmlos als "Spannungen in der Ostukraine" umschrieben. Gestern aber warnte Tsipras sehr handfest vor einer Eskalation dieses Krieges: "Wir machen uns besondere Sorgen um die über zehntausend Ukrainer griechischer Abstammung, die in Mariupol leben."

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