So viele wie seit Jahren nicht mehr Immer mehr Flüchtlinge erreichen Griechenland

Berlin · In Griechenland kommen so viele Asylbewerber an wie seit Jahren nicht mehr. Nach Angaben des Flüchtlingshilfswerks UNHCR stieg die Zahl der neu ankommenden Asylsuchenden dort im August dieses Jahres um 60 Prozent.

 Flüchtlinge kommen in einem Schlauchboot auf der griechischen Insel Lesbos an. (Archivbild)

Flüchtlinge kommen in einem Schlauchboot auf der griechischen Insel Lesbos an. (Archivbild)

Foto: picture alliance / Kay Nietfeld//Kay Nietfeld

Die aktuellen Entwicklungen in Griechenland erinnern an die Frühphase der Flüchtlingsdynamik von 2015. Nach Angaben des Flüchtlingshilfswerks UNHCR stieg die Zahl der neu ankommenden Asylsuchenden in Griechenland im August dieses Jahres um 60 Prozent.

Mehr als 7700 Menschen seien auf griechischen Inseln eingetroffen, 1600 weitere auf dem Landweg. "Höhepunkt war der 29. August, als an einem Tag 646 Menschen an Bord von 13 Booten Lesbos erreichten", berichtet Chris Melzer vom UNHCR. Entsprechend überfüllt sind die Aufnahmeeinrichtungen auf den griechischen Inseln. Auf Samos kommen nach UNHCR-Angaben 4197 Flüchtlinge auf 700 Plätze, auf Lesbos 10 300 auf 2150.

Die Entwicklung zeigt, dass die Türkei gewillt ist, die Situation notfalls weiter zuzuspitzen: Ankara fordert, dass mehr Geld aus dem EU-Türkei-Abkommen fließt und dass die Zahlungen schneller abgewickelt werden. Sechs Milliarden Euro hatte die EU der Türkei Anfang 2016 versprochen. Im Gegenzug wollte Ankara die Küsten des Landes besser sichern, Flüchtlinge von der Flucht abhalten und auch zurücknehmen. Daraufhin war der Zuzug übers Meer nach Europa stark gesunken.

Nun jedoch steigen die Flüchtlingszahlen wieder rapide an. Allerdings sind die Zahlen weit von jenen entfernt, als auf dem Höhepunkt der Flüchtlingskrise rund 750.000 Menschen in Deutschland Zuflucht suchten. Präsident Recep Tayyip Erdogan unterstreicht, dass mehr als zwei Milliarden Euro an zugesagten Unterstützungsgeldern zur Unterbringung von Flüchtlingen in der Türkei immer noch nicht angekommen seien.

Zugleich verfolgt der türkische Präsident sein Projekt, im Nordosten Syriens eine Sicherheitszone zu schaffen, um dort auf mittlere Sicht bis zu drei Millionen Flüchtlinge unterzubringen. Dafür braucht er die Unterstützung der internationalen Gemeinschaft, zumal sich die USA und die Türkei über die Rolle der dort regierenden Kurden nicht einig sind.

Die Grünen forderten die Bundesregierung auf, den EU-Türkei-Deal zu beenden. "Es ist schlicht zynisch, dass die Bundesregierung angesichts der unzumutbaren Überbelegung der Flüchtlingslager auf den griechischen Inseln weiterhin am EU-Türkei-Deal festhält", sagte Grünen-Flüchtlingsexpertin Luise Amtsberg. Anstatt Griechenland zu mehr Rückführungen in die Türkei aufzufordern, solle die Regierung die griechischen Behörden bei der Bearbeitung von Asylanträgen unterstützen.

Neben Syrien ist Libyen zum Krisenherd geworden. Hier hat Merkel nun die Initiative ergriffen, um mit einer Libyen-Konferenz eine Waffenruhe und eine Stabilisierung des Landes zu erreichen. Aus dem Kreis hoher Beamter, die das Treffen am Dienstag im Kanzleramt vorbereiteten, waren zuversichtliche Signale zu hören. Auf eine Terminierung und die endgültigen Teilnehmer will sich die Regierung noch nicht festlegen. Derweil feilen die Ministerien an den Details eines neuen EU-Flüchtlingsabkommens, mit dem die Mittelmeerflüchtlinge künftig nicht mehr nach stets neuem Tauziehen, sondern nach festen Schlüsseln auf die EU verteilt werden.

2018 sank die Zahl der Asylanträge in Deutschland deutlich. Nach Daten der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) gingen in dem Jahr 162 000 Erstanträge auf Asyl ein, 18,3 Prozent weniger als im Jahr davor. Die OECD rechnet aber damit, dass es in den kommenden Jahren erneut zu einem großen Zuzug von Asylsuchenden kommen könnte.

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