Proteste in Frankreich Gewalt bei "Gelbwesten"-Demos: Macron ruft zum Dialog auf

Paris/Berlin · Es sind nicht mehr so viele Menschen wie im November, die in gelben Warnwesten gegen Präsident Macron protestieren. Aber bei den ersten Protesten im neuen Jahr gibt es in Frankreich wieder Gewalt.

 Demonstranten auf der Champs-Elysees.

Demonstranten auf der Champs-Elysees.

Foto: Michel Euler/AP

In Frankreich ist es bei den ersten Protesten der "Gelbwesten"-Bewegung im neuen Jahr erneut zu heftigen Zusammenstößen zwischen militanten Demonstranten und Ordnungskräften gekommen.

34 Menschen wurden am Samstag nach Polizeiangaben landesweit festgenommen. Angaben zu verletzten Demonstranten und Polizisten gab es zunächst nicht. Nachdem die Zahl der "Gelbwesten" auf den Straßen zuletzt immer weiter gesunken war, stieg sie zum Jahresbeginn wieder.

In ganz Frankreich gingen rund 50.000 Menschen auf die Straße, wie Innenminister Christophe Castaner dem Sender LCI sagte. Das waren mehr als am Wochenende vor Weihnachten, als etwa 39 000 Menschen demonstrierten. In den ersten Wochen der Proteste, die vor zwei Monaten begonnen haben, waren aber bis zu knapp 300 000 Teilnehmer vermeldet worden.

In Paris zählte die Polizei diesmal 3500 Demonstranten. Dort eskalierte die Lage wiederholt entlang des linken Seine-Ufers, auf einer Fußgängerbrücke über den Fluss und auf den Champs-Élysées. Demonstranten schleuderten Wurfgeschosse in Richtung Polizei, diese setzte Tränengas ein. Präsident Emmanuel Macron rief zum Dialog auf. Alle müssten sich zusammenreißen, um eine Debatte und das Gespräch zu ermöglichen, schrieb Macron am Samstagabend auf Twitter.

Regierungssprecher Benjamin Griveaux musste am Nachmittag sein Büro fluchtartig verlassen und sich in Sicherheit bringen lassen, nachdem Demonstranten mit einer auf der Straße entwendeten Baumaschine das Tor zu seinem Amtssitz eingedrückt hatten. "Es war die Republik, es waren die Institutionen, die sie im Visier hatten", sagte Griveaux über die Angreifer.

Eine der führenden Figuren der Bewegung machte die Polizei für die Eskalation in Paris mitverantwortlich. Der Protestmarsch habe sich auf einer angemeldeten Route Richtung Nationalversammlung bewegt, wo er sich dann friedlich aufgelöst hätte, sagte Priscillia Ludosky der Nachrichtenagentur dpa. Die Polizei habe dann aber die Strecke gesperrt. "Warum blockiert man es kurz vor dem Ziel und lässt eine Konfrontation zu? Denn das heizt die Gemüter auf, den Zugang zu etwas zu blockieren. Und dann werden die Leute wütend, und schon passiert, was gestern passiert ist", sagte sie.

Die Massenproteste der "Gelbwesten" hatten die französische Regierung in den vergangenen zwei Monaten erheblich unter Druck gesetzt. Sie hatten sich im November an einer geplanten und inzwischen zurückgenommenen Erhöhung der Kraftstoffsteuer entzündet. Ihren Namen haben die Demonstranten von den gelben Warnwesten, die sie während ihrer Kundgebungen und Straßenblockaden tragen. Im Dezember brachte Macron eilends ein milliardenschweres Paket mit Sozialmaßnahmen auf den Weg, um den Konflikt zu entschärfen.

Der deutsche Vizekanzler Olaf Scholz (SPD) hält Proteste wie in Frankreich auch in Deutschland für möglich. "Es gibt auch in Deutschland ein nicht zu unterschätzendes Gelbwesten-Potenzial", sagte der Bundesfinanzminister der "Bild am Sonntag". Steigende Mieten und Lebenshaltungskosten trieben viele Bürger um. "Das geht bis in die Mittelschicht hinein", sagte Scholz.

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