Ein Jahr danach Gedenken an blutigen Putschversuch in der Türkei

Istanbul · Die Türkei gedenkt des Putschversuchs vor einem Jahr. Rund eine Woche lang sind jeden Tag Veranstaltungen geplant. Zum Höhepunkt, einer Rede Erdogans, sind jedoch nicht alle eingeladen.

 Türkische Polizisten und Anhänger von Präsident Erdogan stehen nach dem gescheiterten Putsch in der Nähe von Panzern auf der Bosporusbrücke in Istanbul.

Türkische Polizisten und Anhänger von Präsident Erdogan stehen nach dem gescheiterten Putsch in der Nähe von Panzern auf der Bosporusbrücke in Istanbul.

Foto: str

Ein Jahr nach der Niederschlagung des Putschversuchs in der Türkei haben im ganzen Land Gedenkveranstaltungen begonnen. Staatspräsident Erdogan und Ministerpräsident Yildirim begannen das Gedenken mit dem Besuch eines "Märtyrerfriedhofs" im Istanbuler Stadtteil Edirne.

Bis Sonntag sind im ganzen Land Veranstaltungen zum Putschversuch vom 15. Juli 2016 geplant. Zum Höhepunkt der Feierlichkeiten, einer Ansprache Erdogans im Parlament in Ankara in der Nacht zum Sonntag, sind die größte Oppositionspartei CHP und die zweitgrößte Oppositionspartei HDP jedoch nicht eingeladen.

In der Nacht vom 15. auf den 16. Juli soll es bis spät in die Nacht sogenannte "Demokratiewachen" geben. Die Ansprache von Erdogan am Sonntag im Parlament soll genau um 02.32 Uhr Ortszeit (01.32 Uhr MEZ) beginnen - zu dem Zeitpunkt, als Putschisten vor einem Jahr das Parlament bombardierten.

Der Sprecher der größten Oppositionspartei CHP, Bülent Tezcan, kritisierte, dass seine Partei nicht zu der nächtlichen Veranstaltung eingeladen wurde. Der Deutschen Presse-Agentur sagte er: "Das ist gegen die Gepflogenheiten, das Parlament gehört nicht einer Gruppe." Die islamisch-konservative Regierungspartei AKP versuche damit, "die Gesellschaft zu spalten".

Der Umsturzversuch von Teilen des Militärs forderte nach offiziellen Angaben 249 Todesopfer. Die türkische Führung macht den in den USA lebenden Prediger Fethullah Gülen für den gescheiterten Putsch verantwortlich und geht rigoros gegen vermeintliche Gülen-Anhänger vor. Mehr als 50 000 Menschen sitzen in Untersuchungshaft. Auch acht Deutsche wurden seit dem Umsturzversuch inhaftiert, darunter der "Welt"-Korrespondent Deniz Yücel.

Ein Deutscher, der vergangene Woche bei einem Workshop für Menschenrechtler in Istanbul festgenommen wurde, und neun weitere Teilnehmer müssen sieben weitere Tage im Polizeigewahrsam bleiben. Nach Angaben von Amnesty International wurde dies von der Staatsanwaltschaft angeordnet. Die Menschenrechtsorganisation forderte am Dienstag die sofortige Freilassung der Verdächtigen und betonte, der gegen sie erhobene Vorwurf der Mitgliedschaft in einer Terrororganisation sei "absurd".

Der Deutsche hatte als Referent an einer Veranstaltung zum Thema Informationssicherheit teilgenommen. Die Polizei hatte ihn, einen schwedischen Referenten und acht türkische Menschenrechtler - darunter die Leiterin der türkischen Sektion von Amnesty International, Idil Eser - am Mittwoch festgenommen.

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