Mittel für Kultur und Sport Macron verstärkt Kampf gegen Islamismus und Ghettobildung

Mülhausen · Emmanuel Macron hat das Brennpunktviertel Bourtzwiller im Elsass besucht und dort Vertreter aus Politik und Gesellschaft getroffen. Seine Regierung möchte verstärkt gegen Radikalisierung und Kriminalität in Vorstädten vorgehen.

 Emmanuel Macron, Präsident von Frankreich, und Christophe Castaner, Innenminister von Frankreich, treffen sich mit Polizeibeamten während eines Besuchs bei der Polizeistation im Bezirk Bourtzwiller.

Emmanuel Macron, Präsident von Frankreich, und Christophe Castaner, Innenminister von Frankreich, treffen sich mit Polizeibeamten während eines Besuchs bei der Polizeistation im Bezirk Bourtzwiller.

Foto: dpa/Sebastien Bozon

Emmanuel Macron verändert in seiner Rede nur ein Wort, doch es markiert eine politische Wende. Sprach der Präsident bisher über die problembeladenen französischen Vorstädte, benutzte er bisher gerne den Begriff „communautarisme“, um das Leben in einer Art Parallelwelt zu beschreiben. Am Dienstag besuchte Macron Mülhausen im Elsass und spricht nun vom „separatisme“, den es gezielt zu bekämpfen gelte.

Genauer: Es geht ihm bei seiner Visite in dem Brennpunktviertel Bourtzwiller um den islamistischen Separatismus, die gezielte Ghettobildung, um sich vom Rest des Staates abzuschotten und einen eigenen, rechtsfreien Raum zu bilden. Macron hat aus diesem Grund eine „republikanische Wiedereroberung“ von Stadtteilen angekündigt, in denen Islamisten viel Einfluss haben.

Macron wählt Mülhausen bewusst

Mülhausen wurde vom Präsidenten für seine Ankündigung sehr bewusst ausgewählt. In Bourtzwiller kommt es seit vielen Jahren immer wieder zu Auseinandersetzung mit der Polizei. Zudem wird in der 100.000-Einwohner-Stadt gerade eine neue Moschee unter großzügiger Beteiligung von Katar gebaut. Das Emirat steht im Verdacht, gezielt den politischen Islam in Europa zu fördern. In den vergangenen Jahren sollen viele Millionen Euro an Moscheen, Kulturzentren und Schulen geflossen sein, die alle mit der radikalen Muslimbruderschaft zusammenhängen. Das An-Nour-Zentrum in Mülhausen wird am Ende eine der größten muslimischen Kultstätten in Frankreich beherbergen.

Die erste Station auf Macrons Reise nach Mülhausen war die lokale Polizeistation – ein Termin mit Symbolgehalt. Bei persönlichen Gesprächen mit Beamten versicherte er ihnen, dass sie im Kampf gegen islamistische Kräfte auf jegliche Unterstützung des Staates zählen können. Doch der Staatschef will das Problem nicht nur durch eine erhöhte Polizeipräsenz oder ein härteres Durchgreifen lösen.

Wie er in Mülhausen betonte, würden seit Monaten mehrere Ministerien in Paris an einem gemeinsamen Plan arbeiten. Vorgesehen sind nach Angaben aus der Regierung mehr Mittel für Kultur und Sport. Zudem soll die Ausbildung von Imamen in Frankreich wesentlich verbessert werden. All diese Maßnahmen sollen zusammenwirken und auf diese Weise die Radikalisierung von jungen Muslimen verhindern.

Islamistische Anschläge in Frankreich häufen sich

Lange hatte sich die französische Gesellschaft mit der Existenz der Problembezirke vor allem in größeren Städten abgefunden. Doch seit 2015 wird das Land von einer Serie islamistischer Anschläge mit mehr als 250 Toten erschüttert. Dabei zeigte sich, dass viele der Attentäter in der Hoffnungslosigkeit der Banlieues aufgewachsen waren. Zuletzt erstach ein Mitarbeiter der französischen Polizeipräfektur in Paris vier seiner Kollegen. Im Zuge der Ermittlungen stellte sich heraus, dass der Mann schon vor Jahren um Islam konvertiert war und sich in dieser Zeit zunehmende radikalisiert hatte.

Der Besuch von Macron in Mülhausen ist allerdings auch dem aktuellen Kommunalwahlkampf geschuldet. Die Kandidaten der Präsidenten-Partei La République En Marche liegen in vielen Städten zurück und Macron sieht offensichtlich das größte Stimmenpotential für seine Bewegung im traditionell sehr konservativen Elsass auf der rechten Seite des politischen Spektrums. Vergangene Woche weilte der Staatschef medienwirksam am Mont-Blanc-Massiv, wo er sich von seiner besten Seite als Umweltschützer zeigte. Die Bewohner dort beklagen sich über die zunehmende Zerstörung der Berge durch Tourismus und den Klimawandel.

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