Trump und Moskau Ex-Trump-Anwalt Michael Cohen sagt aus

Washington · Einst war Michael Cohen die rechte Hand des Immobilien-Moguls Donals Trump, jetzt wird er zur politischen Gefahr für den Chef im Weißen Haus. Mal öffentlich, mal hinter verschlossenen Türen, sagt er im Kongress aus.

 Donald Trumps Ex-Anwalt Michael Cohen vor seiner Anhörung.

Donald Trumps Ex-Anwalt Michael Cohen vor seiner Anhörung.

Foto: AFP

Am Mittwoch muss sich Michael Cohen, zehn Jahre lang Donald Trumps persönlicher Anwalt, in öffentlicher Anhörung im US-Kongress den Fragen der Abgeordneten stellen. Die Demokrate erhoffen sich davon erhellende Details, insbesondere zu Kontakten Trumps nach Russland.

Was ist von der Anhörung zu erwarten?

Eigentlich sind es drei Anhörungen. Am Dienstag musste Cohen hinter verschlossenen Türen vor dem Geheimdienstausschuss des Senats aussagen. Am Mittwoch folgt ein Auftritt im Repräsentantenhaus, in dem die Demokraten umso energischer handeln, seit sie dort die Mehrheit bilden. Das Komitee für Regierungskontrolle hat den 52-Jährigen vorgeladen – zu einem Hearing, das live im Fernsehen übertragen wird. Am Donnerstag soll Cohen dem Geheimdienstausschuss der Abgeordnetenkammer Rede und Antwort stehen, dann wieder unter Ausschluss der Öffentlichkeit.

Was will der Kongress herausfinden?

Der New Yorker Jurist gehörte lange zum Kreis der engsten Vertrauten um Trump. Er beriet den Tycoon nicht nur in Rechtsfragen, er bahnte auch Geschäfte für ihn an und regelte bisweilen Unangenehmes. Er dürfte wissen, was 2015/16 hinter den Kulissen der Trump-Organisation geschah, nachdem sich deren Chef für den Posten im Oval Office beworben hatte.

Was sind die brisantesten Punkte?

Damals spielte Trump mit dem Gedanken, einen Wolkenkratzer in Moskau zu bauen. Konkret wurde es, als er im Oktober 2015 eine Absichtserklärung unterzeichnete – was er bestritt, bis der Sender CNN vor zwei Monaten eine Kopie des Schreibens präsentierte. Mit dem russischen Unternehmer Andrej Rosow wollte er einen „Trump Tower Moscow“ errichten. Um den Deal einzufädeln, nutzte Cohen seine Kontakte zu Felix Sater, einem in der Sowjetunion geborenen, mit seinen Eltern nach New York ausgewanderten Geschäftsmann. Sater soll vorgeschlagen haben, dem russischen Präsidenten Wladimir Putin ein 50 Millionen Dollar teures Penthouse in dem Gebäude zu schenken. Russlands Oligarchen würden alles daran setzen, unter demselben Dach wie Putin zu wohnen, folglich könne man höhere Kaufpreise ansetzen, zitiert ihn die Online-Plattform Buzzfeed.

Im Januar 2016 sprach Cohen mit einem Assistenten Dmitri Peskows, des Sprechers Putins. Im Mai ließ ihm Sater eine Einladung Peskows zu einer Konferenz in St. Petersburg zukommen: Dort könne er voraussichtlich mit Putin oder Dmitri Medwedew, dem russischen Regierungschef, reden. Am Ende führte das alles zu nichts, der Trump Tower an der Moskwa blieb auf dem Papier.

Was hat das mit dem amerikanischen Wahlkampf zu tun?

Das Parlament will der Frage nachgehen, ob Trumps russlandfreundliche Rhetorik auch auf persönlichen Interessen beruhte. Im Wahlkampf überhäufte Trump Putin mit Lorbeer. Im Gegensatz zu Barack Obama, lobte er einmal bei einem TV-Forum, habe der sein Land im Griff: „Er ist ein Anführer“.

Was hat Cohen bisher enthüllt?

Zunächst hat er gelogen. Als ihn Kongressabgeordnete im Oktober 2017 nach dem Moskauer Bauvorhaben fragten, behauptete er, sämtliche Sondierungen dazu seien im Januar 2016, mit Beginn des republikanischen Kandidatenwettlaufs, abgebrochen worden. In Wahrheit liefen die Gespräche weiter bis Juni, kurz bevor Trump von den Konservativen offiziell zum Bewerber fürs Weiße Haus gekürt wurde. Seine Falschaussage hat Cohen inzwischen zugegeben: Er habe Trump, der aktuelle Geschäftskontakte nach Russland seinerzeit kategorisch bestritt, nicht widersprechen wollen.

Was gilt noch als erwiesen?

Es war Cohen, der kurz vor der Wahl auf Weisung Trumps Schweigegeld-Zahlungen arrangierte, um zu verhindern, dass zwei Frauen über angebliche Sexaffären mit dem Milliardär plauderten. Der einen, der Pornodarstellerin Stephanie Clifford alias Stormy Daniels, zahlte er 130 000 Dollar. Im Falle der anderen, des früheren Playboy-Models Karen McDougal, spannte er den Verleger David Pecker ein. Pecker, ein Bewunderer Trumps, gibt das Boulevardblatt National Enquirer heraus. Für 150 000 Dollar erwarb er sämtliche Rechte an McDougals Geschichte – um sie nicht zu drucken. Die geheimen Zuwendungen waren ein Verstoß gegen Gesetze, die für Zahlungen mit dem Ziel der Beeinflussung einer Wahl Transparenz vorschreiben.

Was ist noch unklar?

Cohen könnte zusätzliche Informationen zu einem Gespräch liefern, zu dem am 9. Juni 2016 ein Spitzentrio des Trump-Teams die regierungsnahe russische Rechtsanwältin Natalja Weselnizkaja empfing. Mit von der Partie waren Donald Trump jr., Jared Kushner und Paul Manafort – der älteste Sohn, der Schwiegersohn und der Wahlkampfleiter des Kandidaten. Weselnizkaja werde belastendes Material über Hillary Clinton liefern, hatte ein britischer Mittelsmann zuvor in Aussicht gestellt. Angeblich, so stellte es Trump jr. zunächst dar, habe sie sich dann aber in erster Linie für die Adoption russischer Kinder eingesetzt. Im Raum steht die Frage, ob auch, womöglich verklausuliert, Angriffe russischer Hacker auf die Computer der Parteizentrale der US-Demokraten zur Sprache kamen. Cohen könnte helfen, die Hintergründe zu erhellen – falls er damals im Bilde war. Zudem könnte er über Steuertricks seines einstigen Chefs reden. Trump, der sich bislang weigerte, seine Steuererklärungen offenzulegen, obwohl er damit ungeschriebene Gesetze ignorierte, könnte in Erklärungsnot geraten.

Was hat die Causa Cohen mit Robert Mueller zu tun?

Von Mueller, dem Sonderermittler in der Russlandaffäre, kam der entscheidende Hinweis, der die Staatsanwaltschaft des südlichen Gerichtsbezirks New Yorks – er umfasst die Wolkenkratzerinsel Manhattan – veranlasste, wegen der Schweigegelder Klage gegen Cohen einzureichen. Im April 2018 wurden Wohn- und Geschäftsräume des Rechtsberaters durchsucht. Im August bekannte er sich schuldig, Steuern hinterzogen, gegenüber Banken falsche Angaben gemacht und gegen Gesetze der Wahlkampffinanzierung verstoßen zu haben. Einst Trumps rechte Hand, begann er, aus dem Nähkästchen zu plaudern, offensichtlich in der Hoffnung auf richterliche Milde. Seine Loyalität gelte fortan allein seiner Familie und seinem Land, begründete er seinen Sinneswandel. Anfang Mai tritt er eine dreijährige Haftstrafe an.

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