Reaktionen auf den Anschlag von Berlin Europa in Trauer vereint

Brüssel · Es war eine Woge der Solidarität, des Mitgefühls und der Trauer, die am Tag nach dem Anschlag in Berlin ganz Europa aufbrandete. „Tief ergriffen“, erklärte EU-Ratspräsident Donald Tusk, habe man die Nachrichten aus der deutschen Hauptstadt gehört.

Die Brüsseler Kommission sei „erschüttert“, sagte der Präsident der Behörde, Jean-Claude Juncker. Die Angegriffenen hätten sich auf dem Platz an der Gedächtniskirche aufgehalten, „um die Vorweihnachtszeit zu feiern, die viele mit Besinnlichkeit und Frieden verbinden“.

Am Morgen wurden die Flaggen vor den europäischen Gebäuden in Brüssel auf Halbmast gesetzt. Die EU-Botschafter begannen ihre Sitzung zur Reform des Waffenrechtes mit einer Schweigeminute. „Es ist unsere Pflicht, in Einigkeit und Solidarität zusammenzustehen: mit den Opfern, den Familien und den Verletzten“, twitterte Parlamentspräsident Martin Schulz. „Wir müssen stark hinter den Werten stehen, die unsere Nationen untermauern: Freiheit, Demokratie und Rechtstaatlichkeit. Das sind Werte, die die Terroristen verachten und die sie versuchen zu zerstören. Wir dürfen und werden uns nicht beugen.“

Auch die europäischen Staats- und Regierungschefs meldeten sich zu Wort. Der französische Staatspräsident François Hollande meinte wie viele seiner Amtskollegen: „Unser ganzes Land teilt die Trauer der Deutschen angesichts dieser Tragödie, die ganz Europa trifft.“

Doch in die Bestürzung mischten sich auch Unruhe und Unsicherheit über die Sicherheit im eigenen Land. Noch in der Nacht zum Dienstag ließ der Brüsseler Bürgermeister Yvan Mayeur den Schutz des weihnachtlichen Spektakels „Winterfreuden“ auf dem legendären Grand Place und der anschließenden Altstadt bis zum Fischmarkt überprüfen. „Was sich am 14. Juli in Nizza und am Vorabend in Berlin zugetragen hat, ist in unserem Sicherheitskonzept von Anfang an berücksichtigt worden“, sagte der Stadtchef zwar.

Aber ob die belgische Hauptstadt Konsequenzen für die öffentlichen Feiern zu Silvester ziehen wird, soll erst in der kommenden Woche entschieden werden. Eine Notwendigkeit, die ohnehin zweithöchste Terror-Warnstufe anzuheben, sahen die belgischen Behörden nicht. Auch der Koordinator für die Terrorbekämpfung in den Niederlanden, Dick Schoof, sprach zwar von einer „unverändert hohen Gefahrenstufe“, es gebe jedoch keine Hinweise auf eine reale Anschlagsvorbereitung. Trotzdem wurden in Breda, nahe an der Grenze zu Belgien, bis zum Dienstagmorgen zusätzliche Absperrgitter um den Weihnachtsmarkt erreichtet. Die französische Regierung verwies auf den nach wie vor geltenden Ausnahmezustand nach den Anschlägen in Paris und Nizza. Dort waren im Juli 86 Menschen ums Leben gekommen, als ein Terrorist ebenfalls mit einem Sattelzug in eine Menschenmenge gerast war.

Europa hat in diesem Jahr eine beklemmendes Ritual entwickeln müssen, sich gegenseitig beizustehen und sich des Mitgefühls zu vergewissern. Dass die Mitglieder dieser europäischen Familie nicht zur Ruhe kommen können, belegt eine Randnotiz, die aber auch zu diesem Montagabend gehört: Während in Berlin noch die Verletzten versorgt und die Toten geborgen wurden, nahm die belgische Polizei einen weiteren Terrorverdächtigen in Brüssel fest. Bei der Durchsuchung der Wohnung fand die Sicherheitsbeamten Waffen. Die Gefahr scheint nicht gebannt.

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