Verteidigungspolitik EU-Staaten beschließen ständige militärische Zusammenarbeit

Brüssel · EU-Kommissionspräsident Juncker spricht von einer "schlafenden Schönheit", die erwacht sei: Mit ihrem Beschluss zur militärischen Zusammenarbeit in der Verteidigungspolitik haben die EU-Staaten ein neues Kapitel aufgeschlagen. Kann es mit Leben gefüllt werden?

 Der Grundstein für die verstärkte Zusammenarbeit im Bereich der Verteidigung war im vergangenen Monat bei einem gemeinsamen Treffen der Außen- und Verteidigungsminister gelegt worden.

Der Grundstein für die verstärkte Zusammenarbeit im Bereich der Verteidigung war im vergangenen Monat bei einem gemeinsamen Treffen der Außen- und Verteidigungsminister gelegt worden.

Foto: Emmanuel Dunand

Die EU hat offiziell den Aufbau einer europäischen Verteidigungsunion gestartet. Die militärische Zusammenarbeit, die bei einem EU-Außenministertreffen in Brüssel beschlossen wurde, soll mit 17 konkreten Projekten starten.

Ziel ist es, die EU flexibler und unabhängiger von den USA zu machen. Beteiligen werden sich neben Deutschland 24 weitere EU-Staaten.

Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) bezeichnete die neue Zusammenarbeit in Berlin als "großen Schritt", der die Handlungsfähigkeit der EU stärke. Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen (CDU) rief die teilnehmenden Mitgliedstaaten auf, "die neue Verteidigungsunion mit Leben zu füllen".

Deutschland hat eine intensive Beteiligung bereits zugesagt. So sollen unter deutscher Führung ein Sanitätskommando, Logistikdrehscheiben sowie ein Trainingszentrum für Militärausbilder aufgebaut werden. Zudem sind beispielsweise eine bessere Seeraumüberwachung und die Entwicklung von Prototypen für Infanteriefahrzeuge geplant. Auch soll dafür gesorgt werden, dass die EU künftig in Krisenfällen schneller Truppen in andere Staaten entsenden kann. Das ist vor allem Frankreich ein Anliegen.

Der Grundstein für die verstärkte Zusammenarbeit im Bereich der Verteidigung war im vergangenen Monat bei einem gemeinsamen Treffen der Außen- und Verteidigungsminister gelegt worden. Damals hatten die interessierten Länder die EU offiziell darüber informiert, eine sogenannte Pesco beginnen zu wollen. Die Abkürzung steht für "Permanent Structured Cooperation" - auf Deutsch "Ständige Strukturierte Zusammenarbeit".

Nicht dabei sind lediglich Dänemark, Großbritannien und Malta. Dänemark beteiligt sich traditionell nicht an der gemeinsamen europäischen Sicherheits- und Verteidigungspolitik, Großbritannien will 2019 bereits aus der EU ausgetreten sein. Malta wollte offensichtlich die Teilnahmekriterien nicht erfüllen, die unter anderem eine regelmäßige Erhöhung der Verteidigungsausgaben vorsehen.

Die Möglichkeit, eine ständige strukturierte Zusammenarbeit zwischen EU-Staaten zu vereinbaren, war bereits 2009 mit dem Lissabon-Vertrag der EU geschaffen worden. Hintergrund war die Erkenntnis, dass das Einstimmigkeitsprinzip in der Gemeinsamen Sicherheits- und Verteidigungspolitik der EU (GSVP) immer wieder ehrgeizige Projekte ausbremst oder ganz verhindert.

Dass die Zusammenarbeit nicht schon früher vereinbart wurde, hatte vor allem mit dem Widerstand Großbritanniens zu tun. Vor dem Hintergrund des geplanten EU-Austritts hat London jetzt allerdings keine Argumente mehr dagegen. "Sie ist erwacht, die schlafende Schönheit des Lissabon-Vertrags", twitterte EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker.

Der sicherheitspolitische Sprecher der EVP-Fraktion, Michael Gahler, bezeichnete die Einigung als "einen Quantensprung für die EU-Verteidigungspolitik". Kritik kam dagegen von den Linken. "Das Hauruckverfahren ist skandalös und erfolgte durch die Hintertür", twitterte der europapolitische Sprecher der Linken im Bundestag, Andrej Hunko. Die Pesco führe zu einer massiven und langfristigen Militarisierung der Europäischen Union.

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