Kommentar zu einem möglichen Handelskrieg Doppelbotschaft

Meinung | Berlin · Eine Eskalationsstrategie ist nicht im deutschen Interesse, kommentiert Birgit Marschall die aktuelle Lage und den möglichen Handelskrieg durch von Trump angekündigte Einfuhrzölle.

Es ist bemerkenswert, dass selbst liberale Ökonomen, die sonst immer vor Protektionismus warnen, nun der EU raten, mit Härte auf die von US-Präsident Donald Trump angekündigten Einfuhrzölle für Stahl und Aluminium zu reagieren. Trump verstehe nur die Sprache des Gegendrucks, lautet eines ihrer Hauptargumente. Kaum auszumalen ist allerdings, was alles passieren könnte, wenn der Rest der Welt dieser Auge-um-Auge-Logik auch in anderen als in Handelsfragen folgte. Dann geriete die Welt womöglich an den Rand eines neuen Weltkriegs, siehe Nordkorea oder Syrien.

Tatsächlich ist eine reine Eskalationsstrategie Europas gerade nicht der richtige Weg. Richtig wäre stattdessen eine Doppelbotschaft der EU an Trump: Ja, wir können konsequent reagieren, indem wir sofort punktuelle Einfuhrzölle auf US-Produkte wie etwa Harley-Davidson-Motorräder verhängen, die dort produziert werden, wo besonders viele Trump-Anhänger zuhause sind. Und nein, wir wollen und werden auf keinen Fall einen Handelskrieg mit den USA führen. Wir sind jederzeit zum Gespräch mit Washington bereit – und wir sind vor allem auch viele. Europa muss den Rest der Welt zusammenhalten und auf die WTO-Welthandelsregeln einschwören. Denn würden auch andere Länder damit beginnen, WTO-Regeln gezielt zu missachten, wie es Trump tun möchte, wäre eine protektionistische Spirale wohl nicht mehr aufzuhalten.

Die Reaktion Europas sollte also eher im Stile Angela Merkels als im Stile Silvio Berlusconis ausfallen: Emotionslos, zielgerichtet, dosiert. Der US-Präsident steht innenpolitisch unter Druck. In dieser Woche verließ ihn auch noch eine seiner engsten Mitarbeiterinnen, Hope Hicks. Die Ankündigung Trumps kann auch als Befreiungsschlag verstanden werden.

Die EU könnte anerkennen, dass die US-Stahl- und Aluminiumindustrie tatsächlich Probleme hat, im Wettbewerb vor allem mit China, Indien, Kanada oder auch Europa mitzuhalten. Zu Trumps Wählerklientel gehören die, die in diesen Industrien ihre Jobs schon verloren haben oder drohen sie zu verlieren. Die US-Industrie muss einerseits wettbewerbsfähiger werden, was Trump schwer fällt einzusehen. Andererseits müsste die Restwelt gemeinsam aber vor allem China entschiedener entgegentreten. Das Riesenreich alimentiert riesige Staatsunternehmen, die den Weltmarkt mit Billigprodukten überschwemmen. Zuhause nimmt China ausländische Unternehmen aus wie Weihnachtsgänse.

Eine Eskalation dieses Handelskonflikts kann nicht im Interesse Deutschlands sein. Die US-Zölle auf Stahl und Aluminium würden die deutsche Wirtschaft zwar nur begrenzt treffen, denn sie machen nur zwei Prozent der deutschen Gesamtexporte in die USA aus. Würde aber eine Spirale in Gang gesetzt, wäre das eine Katastrophe für die deutsche Wirtschaft.

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