Forderung nach Einreiseverbot Donald Trump schockt die Muslime

Washington · Wenn selbst einer der schärfsten "Falken" auf der politischen Rechten in den USA die Forderung eines Kollegen verwirft, weil sie "allem widerspricht, woran wir glauben", muss es schlimm stehen um die Republikaner.

Weil der in Umfragen vorn liegende Präsidentschaftskandidat Donald Trump verlangt hat, Muslimen generell die Einreise in die Vereinigten Staaten zu verweigern, da sie ein potenzielles Sicherheitsrisiko darstellten, fürchtet nicht nur Alt-Vizepräsident Dick Cheney um die Chancen der Konservativen bei den Wahlen in einem Jahr.

Nahezu alle Konkurrenten des New Yorker Baulöwen um die Kandidatur für das Weiße Haus lehnen Trumps Reaktion auf den von einem muslimischen Ehepaar in Kalifornien verübten Terror-Anschlag vor einer Woche rundum ab. Floridas früherer Gouverneur Jeb Bush nennt Trump "verstört". Marco Rubio findet die Initiative "beleidigend und befremdlich". Carly Fiorina erkennt eine "gefährliche Überreaktion".

Der 69-Jährige hatte seine jüngste Botschaft gleichwohl sehr bewusst gesetzt. Am 74. Jahrestag des japanischen Angriffs auf Pearl Harbor im Zweiten Weltkrieg, dem die Internierung von 100.000 Amerikanern japanischer Abstammung folgte, verlangte Trump jetzt auf dem Flugzeugträger USS Yorktown drastische Maßnahmen gegen den islamistischen Terrorismus. Dabei berief sich der durch Fernsehauftritte im Tabubruch versierte Milliardär ausdrücklich auf eine Meinungsumfrage aus dem vergangenen Sommer.

Danach befürworten angeblich 25 Prozent der in den USA lebenden Muslime den gewaltsamen Dschihad. "Solange wir dieses Problem und die damit verbundenen Gefahren nicht verstehen, darf unser Land kein Opfer der Attacken von Leuten werden, die an den Dschihad glauben", rief Trump und erntete teilweise lautstarken Beifall vieler Zuhörer.

Die Studie des "Center for Security Policy", das von von dem Islam-Hasser und Verschwörungstheoretiker Frank Gaffney geleitet wird, gilt unter anerkannten Meinungsforschungsinstituten als "methodisch komplett fahrlässig und interessengeleitet".

Das Weiße Haus und eine Armada von Juristen verurteilte Trumps Forderung umgehend als "aktiven Verstoß gegen die Verfassung". Religionsfreiheit gehöre zu den Fundamenten Amerikas, "das von Europäern gegründet wurde, die wegen ihres Glaubens verfolgt wurden", sagten Berater der demokratischen Präsidentschaftskandidatin Hillary Clinton, die von einem "skandalösen, verwerflichen und spalterischen" Vorstoß sprach. Muslimische und andere religiöse Interessenvertretungen reagierten entsetzt auf Trump. Sie befürchten im Nachgang zu dem Massaker von Bernardino, das von einem Paar verübt worden war, das sich offenbar durch das Terror-Netzwerk Islamischer Staat (IS) inspirieren ließ, eine Zunahme der Feindseligkeit.

"Trump spielt dem IS in die Hände. Er versucht, einen Amerikaner gegen den anderen aufzubringen", erklärte der sich für sieben Millionen Muslime in den USA zuständig fühlende Dachverband "Cair." Jüdische Autoritäten wie Rabbi Jack Moline von der "Interreligiösen Allianz" warnten vor einer Einwanderungspolitik, die sich auf "religiöse Bigotterie und Diskriminierung gründet".

Trump hatte sich gezielt von Barack Obama abgesetzt. Der Präsident hatte in seiner Rede an die Nation am Sonntag davor gewarnt, nach San Bernardino der Versuchung eines Generalverdachts gegen Muslime zu erliegen.

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