Todesstrafe in Utah Die Rückkehr der Todesschützen

WASHINGTON · Wegen Lieferstopps bei Mitteln für Giftspritzen sollen Verurteilte in Utah erschossen werden. Um den Henkern die Arbeit zu erleichtern, steckten Vollzugsbeamte Ronnie Lee Gardiner eine Zielscheibe an die linke Brust. Am 18. Juni 2010 trafen den mit einer Kapuze verhüllten Mörder vier Kugeln ins Herz.

Es war das letzte Mal, dass im US-Bundesstaat Utah die Todesstrafe durch ein Erschießungskommando vollzogen wurde. Und erst das dritte Mal in ganz Amerika seit Ende des Bürgerkriegs 1865.

Lieferstillstand bei den über Jahrzehnte regelmäßig aus Europa eingeführten Narkosestoffen Thiopental und Pentobarbital für die meistverbreitete Hinrichtungsmethode, die Giftspritze, könnte im Mormonenstaat nun die Rückkehr der "firing squads" bedeuten.

Das Parlament in Salt Lake City hat den Weg dafür gerade mit großer Mehrheit frei gemacht. Gouverneur Gary Herbert zögert noch mit der Unterschrift. Er schaut nach Washington. Dort befasst sich in wenigen Wochen der Oberste Gerichtshof intensiv mit der Frage, wie Amerika seine derzeit 3000 in Todestrakten einsitzenden Häftlinge ins Jenseits befördern darf. Und wie nicht.

Auslöser waren durch die Medien gegangene Szenen von Delinquenten wie Clayton Lockett (Oklahoma, April 2014) oder Joseph Wood (Arizona, Juli 2014). Der ihnen injizierte Giftcocktail, dessen Zusammensetzung oft geheim gehalten wird, hatte nicht wie in der Verfassung vorgeschrieben zu einem schnellen, möglichst schmerzlosen Ende geführt.

Um den immer noch vergleichsweise stabilen Rückhalt in der Bevölkerung (über 50 Prozent) für die Todesstrafe nicht weiter schleichend erodieren zu lassen, suchen viele der 32 Bundesstaaten, die von Staats wegen töten, schon vorher krampfhaft nach Alternativen.

In einigen Bundesstaaten erlaubt sind der Strick, der Einsatz von Gaskammern oder der elektrische Stuhl. Nur in Oklahoma und Utah dürfte geschossen werden, wenn das Gift nicht mehr langt. Erschießungen haben jedoch das Stigma des Barbarischen aus alten Wildwest-Zeiten. Das bestreitet stellvertretend für viele republikanische Abgeordnete Rick Brattin aus Missouri .

Ihn bekümmert, dass Angehörige von Mordopfern künftig vielleicht Jahre warten müssen, bis ihnen Gerechtigkeit geschieht. "Nur weil das richtige Injektionsmittel fehlt." Erschießungskommandos hält er für eine statthafte Alternative. Deborah Denno, Jura-Professorin in New York, findet das abenteuerlich. "Kein Bundesstaat hat bisher bei Exekutionsmethoden Schritte zurück gemacht. Seit mehr als einem Jahrhundert haben sie sich alle immer nur vorwärts bewegt." Sprich: Abschaffung der Todesstrafe.

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