Kommentar zu Trumps US-Außenpolitik Der zentrale Schwenk

Meinung | Washington · Mit der Berufung des Wirtschaftsbosses Rex Tillerson deutet sich in der US-Außenpolitik eine Hinwendung zu Russland an. Auch für die Europäische Union zeichnet sich eine Wegscheide ab.

 Der designierte US-Präsident Donald Trump.

Der designierte US-Präsident Donald Trump.

Foto: dpa

Im Kreml kommen sie in diesen Tagen aus dem Krimsektflaschenköpfen vermutlich gar nicht mehr heraus. Erst tragen russische Computerhacker aktiv dazu bei, dass der ramponierte Ruf von Hillary Clinton im amerikanischen Präsidentschaftswahlkampf vollends ruiniert wird. Und dann wird ein tiefer Bewunderer von Wladimir Putin Nachfolger des in Moskau verhassten Barack Obama.

Und jetzt soll mit Rex Tillerson auch noch ein in den machtpolitischen Dunkelkammern Russlands seit 25 Jahren ortskundiger und mit Putin und seinen Getreuen geschäftlich verbandelter Wirtschaftsboss aus der Ölindustrie den Posten des amerikanischen Außenministers übernehmen. Spasiba, Towarisch Trump!, hört man Putin laut denken. Danke, Genosse Donald!

Mit der Berufung des im herkömmlichen Sinne politisch unerfahrenen Tillerson, so der Multimillionär denn die programmierten Interessenkonflikte bei den Anhörungen im Washingtoner Senat demnächst unfallfrei ausräumt, deutet sich ein zentraler Schwenk in der Außenpolitik Washingtons an – eine Hinwendung zu Russland.

Was Barack Obama und Hillary Clinton nicht gelang, der „Reset“, die Neuausrichtung der Beziehungen der westlichen Führungsmacht zum Antipoden im Osten, soll nun klappen. Mit Tillerson will Trump den durch die völkerrechtlichen Interventionen auf der Krim und in der Ukraine zum Paria gewordenen Putin international wieder gesellschaftsfähig machen. Das wird früher oder später auch die Strategie der Nato betreffen, die Trump mit seinen unbedachten Äußerungen bereits jetzt schon in Schwierigkeiten gebracht hat.

Als Manager des weltgrößten Ölkonzerns Exxon-Mobil hat der Texaner Tillerson vergeblich gegen die von Obama orchestrierten Wirtschaftssanktionen gekämpft, die Putin für seine expansiven Untaten aufgebrummt bekam. Sie hemmen Gemeinschaftsprojekte mit dem russischen Ölgiganten Rosneft in der Arktis. Als Außenminister wird der Träger des russischen Freundschaftsordens – alles andere wäre ein Wunder – diesen sensiblen Faden wieder aufnehmen.

Für die von Kanzlerin Angela Merkel (noch) mühsam zusammengehaltene Europäische Union zeichnet sich eine Wegscheide ab. Man kann sich heute schon den Jubel ausmalen, den der Ungar Viktor Orban und andere Regierungschefs an der Peripherie der EU (Slowakei) anstimmen werden ob der Aussicht auf mehr Verständnis für Mütterchen Russland. Wenn das trumpsche Amerika Putin aus der Schmuddelecke holt, wer will da noch Widerstand leisten?

Mit Rex Tillerson reicht Donald Trump Wladimir Putin die Hand. Das ist eine Geste mit hohem Risiko. Der russische Präsident, ein notorischer Feind des Westens, wird die erste Gelegenheit nutzen, um den ganzen Arm zu ergreifen.

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