Rückzug von Elizabeth Warren Der schwere Weg für Frauen an die politische Macht

Washington · Elizabeth Warren macht auch Sexismus für ihr Scheitern bei der demokratischen Präsidentschaftskandidatur verantwortlich. Sind die USA nicht bereit für eine Frau an der Spitze?

 Elizabeth Warren hat ihre Kandidatur zurückgezogen.

Elizabeth Warren hat ihre Kandidatur zurückgezogen.

Foto: AP/Matt Rourke

Welche Rolle spielt das Geschlecht in der Politik? Zu dem Thema werde sie noch einiges zu sagen haben, kündigte Elizabeth Warren an, als sie sich aus dem Rennen um die Präsidentschaft verabschiedete. Für Frauen sei es eine Fangfrage. „Wenn du sagt, bei diesem Wettlauf war Sexismus im Spiel, heißt es gleich: Heulsuse! Sagst du, es war kein Sexismus im Spiel, werden Zigtausende Frauen denken: Auf welchem Planeten lebst du eigentlich?“

Noch im Herbst hatten Meinungsforscher Warren an der Spitze des Feldes der demokratischen Bewerber fürs Oval Office gesehen. Vor einem Monat landete sie beim Vorwahlstart in Iowa zwar noch auf einem achtbaren dritten Platz, doch von da an ging es abwärts. Am „Super Tuesday“ sah sie keinen Stich gegen Joe Biden und Bernie Sanders. Selbst in Massachusetts, dem Staat, den sie im US-Senat vertritt, musste sie den beiden männlichen Konkurrenten den Vortritt lassen. An der Kompetenz der früheren Harvard-Professorin gab es indes nie auch nur den geringsten Zweifel. Ergo debattiert die Öffentlichkeit über die Frage, ob sexistische Vorurteile ihr enttäuschendes Abschneiden erklären.

„Sobald sich Frauen der Macht nähern, sind alle Stereotype wieder da“

„Solange es abstrakt bleibt, haben wir kein Problem mit weiblichen Anführern“, sagt Jennifer Palmieri, im Wahlkampf 2016 die Sprecherin Hillary Clintons. „Sobald sich Frauen tatsächlich der Macht nähern, sind all die Stereotype wieder da, wenn auch manchmal wohl nur im Unterbewusstsein.“ Mit ambitionierten Frauen habe das Land eben doch ein Problem. Diplomatischer formuliert es Kamala Harris, Senatorin aus Kalifornien, die sich ebenfalls Chancen auf die Präsidentschaft ausgerechnet hatte, aber noch vor der ersten Vorwahl ausstieg. „Die Realität ist, es liegt noch viel Arbeit vor uns“: Wie außerordentlich qualifiziert Frauen für den Posten des Commander-in-Chief seien, müsse man vielen Leuten offenbar erst noch klarmachen.

Kate Brown, Gouverneurin von Oregon, erklärt es mit dem dringenden Wunsch der Demokraten, Donald Trump nach vier Jahren im Amt abzulösen. Wegen der Härte des anstehenden Duells hätten offenbar große Teile der Parteibasis das vermeintliche Risiko gescheut, mit einer Frau an der Spitze in den Kampf zu ziehen. Aus Miami meldet sich die Tennis-Ikonen Martina Navratilova mit einem sarkastischen Tweet zu Wort. „Die Beste aller Kandidaten musste aufgeben. Sie hatte für alles einen Plan, nur etwas Entscheidendes fehlte – das richtige Geschlecht“.

Dass Warren Fehler gemacht hat,  bestreiten nicht einmal ihre treuesten Anhänger. So übernahm sie nach langem Zögern Sanders‘ Forderung, eine staatliche Krankenversicherung für alle einzuführen und im Gegenzug private Krankenversicherungen abzuschaffen. Nach Kritik aus dem moderaten Lager ruderte sie wieder zurück. Allerdings, merken ihre Fans an, haben auch Biden und Sanders keineswegs alles richtig gemacht. Männern lasse man nun mal durchgehen, wofür Frauen sofort bestraft würden.

Der Abgang der vital wirkenden 70-Jährigen ist auch ein Dämpfer für alle, die geglaubt hatten, dass sie einen Trend fortschreiben würde. Seit den Kongresswahlen im Herbst 2018 sitzt eine Rekordzahl von Frauen im amerikanischen Repräsentantenhaus. Nun sind es mit Biden, 77, und Sanders, 78, zwei alte Männer, die das Rennen um das Weiße Haus unter sich ausmachen.

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