Rom Bürgermeisterin Raggi in der Krise

Rom · Roms Bürgermeisterin Virginia Raggi war angetreten, um in der italienischen Hauptstadt aufzuräumen. Doch zwei Monate nach ihrem Amtsantritt herrscht bei ihrem Regierungsteam Chaos.

Es sollte der Aufbruch in eine neue Ära werden. Aber zwei Monate nach ihrem Amtsantritt herrscht das Chaos im Regierungsteam von Virginia Raggi.

Die 38 Jahre alte römische Bürgermeisterin von der 5-Sterne-Bewegung hatte versprochen, die von Skandalen und Missständen gezeichnete Hauptstadt in eine normale und lebenswerte Kommune umzuwandeln. Stattdessen spielt sich in der Stadtregierung und im römischen Ableger ein politisches „Drama“ ab, wie die Turiner Zeitung „La Stampa“ konstatierte.

Innerhalb von 24 Stunden hat die Bürgermeisterin fünf ihrer wichtigsten Mitarbeiter eingebüßt. Beinahe zeitgleich schieden am Donnerstag der Haushaltsreferent, die Kabinettschefin sowie die Spitzen der römischen Verkehrsbetriebe und der Müllabfuhr aus ihren Ämtern. Damit sind abgesehen vom Bürgermeisteramt einige der derzeit wichtigsten Posten in der Stadt vakant.

Die Stadt plagt ein Schuldenberg von etwa 13 Milliarden Euro, den der Haushaltsreferent hätte strukturieren sollen. Zudem gelten der öffentliche Nahverkehr sowie die Müllentsorgung vielen Römern als die größten Probleme ihrer Stadt.

Das Bild, das sich nun der Öffentlichkeit darstellt, ist verheerend für Raggi und die Aufbruchstimmung nach der Kommunalwahl im Juni: Die drängenden Probleme der Hauptstadt harren weiter einer Lösung, stattdessen kreist die Politik um sich selbst. Dabei gewann die vom Komiker Beppe Grillo gegründete Protestbewegung bei der Bürgermeisterwahl viele Stimmen, weil sie einen deutlichen Bruch mit der Vergangenheit versprach. Schließlich sollte ein erfolgreicher Neuanfang in Rom zeigen, dass die Grillo-Bewegung spätestens nach den Parlamentswahlen im Jahr 2018 die Macht im ganzen Land übernehmen kann.

Stattdessen ist nun von der ersten Krise der 5 Sterne die Rede. Ein „Bandenkrieg“ verschiedener politischer Strömungen spielt sich laut „Corriere della Sera“ in Raggis Stadtverwaltung ab. Als fatal stellte sich in dieser Hinsicht die Kritik an Kabinettschefin Carla Raineri heraus. Deren Jahresgehalt von 194 000 Euro war für viele Anhänger der 5-Sterne-Bewegung nicht akzeptabel, zuletzt rückte auch die Bürgermeisterin von der Richterin ab.

Als Folge nahm dann Haushaltsreferent Marcello Minenna seinen Hut. Finanzexperte Minenna war Raineri eng verbunden und galt wie sie als integrer Fachmann auf seinem Gebiet. Der Plan, externe Fachleute in die zehnköpfige Stadtregierung einzubinden, auf diese Weise Kompetenzen zu nutzen und Überparteilichkeit zu signalisieren, wurde zum Bumerang.

Diesen Eindruck bestätigen auch die Rücktritte des erst vor wenigen Wochen engagierten Chefs der Müllabfuhr Ama sowie der Spitzen der Verkehrsbetriebe Atac. Der Generaldirektor von Atac, Marco Rettighieri, begründete seinen Rücktritt unter anderem mit dem aus seiner Sicht aussichtslosen Kampf gegen „Seilschaften und Interessengruppen“.

Die Kritik ist ein besonders schwerer Schlag für Raggi, die versprochen hatte, gegen genau diese Mechanismen anzugehen. „Wir machen weiter“, ließ Raggi am Freitag wissen. Man sei bereits mit der Auswahl von Nachfolgern beschäftigt.

Einen kleinen Teilerfolg attestieren die Römer der Bürgermeisterin immerhin. Der Müll, der sich bis Mitte August in vielen Stadtvierteln türmte, ist inzwischen von den Straßen verschwunden.

Meistgelesen
Neueste Artikel
Kosten über Sicherheit
Kommentar zum Einsturz der Brücke in Baltimore Kosten über Sicherheit
Zum Thema
Aus dem Ressort