Auf ein gemeinsames Fazit wird verzichtet Beim Amerika-Gipfel werden die Karten neu gemischt

Puebla · Zum ersten Mal sind alle 35 Staaten Lateinamerikas vereint, wenn am Freitag in Panama der 7. Amerika-Gipfel beginnt. Stargäste sind Kubas sozialistischer Staatschef Raúl Castro, der zum ersten Mal seit dem Ausschluss der Insel aus der Organisation Amerikanischer Staaten (OAS) im Jahr 1962 wieder teilnimmt, und US-Präsident Barack Obama, nachdem die beiden Länder im Dezember nach 50 Jahren ihr Kriegsbeil begraben und eine Normalisierung der Beziehungen angekündigt hatten.

 Ein Arbeiter erledigt die letzten, kosmetischen Handgriffe am Tagungsort in Panama. Ende der Woche treffen sich hier die Staatschefs. FOTO: DPA

Ein Arbeiter erledigt die letzten, kosmetischen Handgriffe am Tagungsort in Panama. Ende der Woche treffen sich hier die Staatschefs. FOTO: DPA

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Die Rückkehr Kubas ist ein Erfolg für die lateinamerikanische Diplomatie, die seit Jahren den Anachronismus aus Zeiten des Kalten Krieges zu beenden suchte. Die USA erhoffen sich vom symbolischen Handschlag in Panama die Wiederbelebung der OAS und eine Verbesserung der Beziehungen zu dem vernachlässigten Subkontinent.

Doch ob das gelingt, ist fraglich, nachdem Obama kürzlich Venezuela zum "Sicherheitsrisiko" erklärte und Sanktionen gegen korrupte venezolanische Staatsdiener verhängte. Die Motive Obamas für diesen Schritt sind unklar - Beobachter sahen darin ein Zugeständnis an die rechte, republikanische Kongressmehrheit oder einen Versuch, dem wirtschaftlich angeschlagenen Präsidenten Nicolas Maduro und seinem sozialistischen Regime einen Todesstoß zu versetzen. Doch der Schritt, der in Lateinamerika unterkühlt aufgenommen wurde, riss neue Gräben auf.

Maduro rührt seit Wochen die Kriegstrommeln und hat verkündet, er werde "die Wahrheit" über sein Land in Panama verkünden und die Lügen der USA bloßstellen. Dabei kann Maduro auf die Unterstützung der linksregierten, "bolivarischen Bruderländer" Ecuador, Nicaragua, Bolivien, Argentinien und Kuba zählen. Statt demonstrativer Einheit und Neubeginn droht also erneut Zwist.

Für die Region zukunftsweisende Themen wie der Friedensprozess in Kolumbien, die von Kolumbien angeregte und dringend nötige kontinentale Bildungsoffensive, die Korruptionsbekämpfung, der wachsende Einfluss Chinas, der Verfall der Rohstoffpreise und die sozialen Folgen sowie die zunehmend wichtige Rolle der Zivilgesellschaft, die in Panama stark vertreten sein wird, drohen hinter der Kontroverse zu verblassen. Obama möchte die Debatte um Venezuela, die nicht auf der offiziellen Tagesordnung steht, daher am liebsten ausklammern.

Dem linken Alba-Bündnis kommt eine neue Konfrontation innenpolitisch sehr gelegen. In Venezuela kämpft Maduro gegen die katastrophalen Folgen seiner Wirtschaftspolitik und den wachsenden Einfluss der bürgerlichen Opposition, die wenige Monate vor den Parlamentwahlen 25 Prozentpunkte Vorsprung hat.

Interessant wird die Position der karibischen und mittelamerikanischen Staaten sein, die bislang am Erdöltropf Venezuelas hingen. Doch der Verfall der Erdölpreise hat Venezuela in eine akute Liquiditätskrise gestürzt und dazu gezwungen, die billigen Lieferungen zurückzufahren. Washington, das angesichts des heimischen Schiefergasbooms keine Energieprobleme hat, verkündete bereits, in die Bresche springen zu wollen.

Die Karten werden also neu gemischt, wenngleich kein grundlegendes Ende der Konfrontation in Sicht ist. Zumindest dürfte die diplomatische Peinlichkeit des letzten Gipfels in Cartagena 2012 erspart bleiben, als die lauwarme Abschlusserklärung mangels Konsens scheiterte. Diesmal hat Gastgeber Panama schon im Vorfeld auf das Ritual einer gemeinsamen Abschlusserklärung verzichtet.

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