Kommentar zum Eherecht Bauernschlauer Papst

Meinung | Vatikan · Die Monsignori im vatikanischen Pressesaal müssen mächtig geschwitzt haben. „Ein großer Teil“ kirchlicher Ehen sei wohl ungültig, hat Papst Franziskus gesagt (gut, dass es davon einen Mitschnitt gibt), nach der offiziellen Niederschrift ist es nur ein „Teil“. Das nimmt den päpstlichen Äußerungen aber kaum etwas von ihrer Sprengkraft.

 Papst Franziskus nimmt an einem Gottesdienst auf dem Petersplatz in Rom teil.

Papst Franziskus nimmt an einem Gottesdienst auf dem Petersplatz in Rom teil.

Foto: dpa

Wenn viele Eheleute gar nicht gewusst haben sollen, was sie einander da versprachen, dann liefert Franziskus ihnen die Begründung frei Haus, um die kirchliche Annullierung ihrer Ehe zu beantragen. In der Praxis wäre das die „Scheidung auf katholisch“, die es theologisch doch nicht geben darf.

Nun wird Franziskus’ Diagnose, dass viele Brautleute schlecht vorbereitet vor den Altar treten, auch von Leuten geteilt, die nicht zu seinem Fanclub gehören – wie dem Kölner Alt-Erzbischof Joachim Kardinal Meisner. Und gewiss ist es ein Irrweg, das Ehesakrament im Stile der Katzenberger-Dokusoap zu trivialisieren, bloß um Heiratswilligen die Schwellenangst zu nehmen.

Aber auch Männer und Frauen, die sich in vollem Ernst lebenslange Treue versprechen, können nicht 50 oder gar 70 Jahre weit in die Zukunft blicken. Es muss nicht an einer „Kultur der Vorläufigkeit“ liegen, wenn Ehen durch unvorhersehbare Konflikte zerbrechen. Ehrlich wäre es, wie in der orthodoxen Kirche einen Ritus zu finden, um mit diesem Scheitern umzugehen. Franziskus weiß aber nur zu gut, warum er seiner Kirche eine solche Debatte nicht zumutet. Da empfiehlt er lieber indirekt eine bauernschlaue Lösung, auch wenn sie der Biografie vieler Betroffener nicht gerecht wird.

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