Migration Ausschreitungen im Abschiebelager von Lesbos

Athen · Kein Schutzsuchender will gern aus Griechenland in die Türkei zurück. Viele der Migranten sind enttäuscht und verzweifelt. Die Spannungen entladen sich. Doch die Rückführungen von Flüchtlingen gehen weiter.

 Flüchtlinge im Aufnahme- und Abschiebelager Moria auf der griechischen Insel Lesbos.

Flüchtlinge im Aufnahme- und Abschiebelager Moria auf der griechischen Insel Lesbos.

Foto: Orestis Panagiotou/Archiv

Im Flüchtlingsaufnahmelager Moria auf der griechischen Insel Lesbos ist es zu stundenlangen Auseinandersetzungen zwischen Migranten und Polizisten gekommen.

Flüchtlinge und Migranten protestierten gegen ihre drohende Ausweisung in die Türkei sowie die ihrer Meinung nach schlechten Lebensbedingungen. Zugleich wurden von Lesbos aus per Flugzeug weitere Schutzsuchende in die Türkei zurückgeschickt - diesmal nur Syrer.

Mindestens 15 Menschen, in ihrer Mehrheit junge Leute, seien bei den Auseinandersetzungen in Moria seit Dienstagabend leicht verletzt worden, teilte der griechische Migrationsminister Ioannis Mouzalas im Fernsehen (ERT) mit. Die Sicherheitskräfte konnten die Ordnung in dem Aufnahme- und Abschiebelager erst am frühen Morgen wieder herstellen. "Jetzt hat sich die Lage beruhigt", sagte Mouzalas. Reporter vor Ort berichteten aber, die Stimmung sei weiter explosiv.

Die Protestierenden bewarfen Mouzalas mit Wasserflaschen und anderen Gegenständen. Einige zündeten zudem Mülleimer und mindestens eine Containerunterkunft an. Als einige Migranten Steine warfen, Latten einsetzten und auszubrechen versuchten, gingen die Sicherheitskräfte mit Tränengas gegen die Randalierer vor, wie das Fernsehen zeigte.

Heute wurden zwölf syrische Flüchtlinge von der Insel Lesbos per Flugzeug in die Türkei zurückgeführt. Das erfuhr die Deutsche Presse-Agentur aus Kreisen der Küstenwache und der Polizei. Die Flüchtlinge seien freiwillig an Bord eines von der Europäischen Grenzschutzagentur Frontex gecharterten Flugzeuges in die türkische Hafenstadt Adana geflogen, hieß es. Ein Polizeisprecher sagte, es seien sieben Männer, eine Frau und vier Kinder gewesen. Zuvor waren am 4., 8, und 26. April insgesamt 374 Migranten, die keinen Asylantrag gestellt oder keine Aussicht auf Asyl hatten, per Schiff in die Türkei zurückgeschickt worden, darunter auch zwei Syrer.

Im Gegenzug seien bislang insgesamt 108 Syrer von der Türkei aus legal in die EU geschickt worden, hieß es aus Regierungskreisen in Ankara. Nach den Vereinbarungen im Flüchtlingspakt nimmt die EU für jeden Syrer, den die Türkei aus Griechenland zurücknimmt, einen anderen Syrer aus der Türkei legal in einem Mitgliedsstaat auf. Bislang ist die EU dabei in Vorleistung getreten, um den Prozess zu vereinfachen. Die Regelung gilt zunächst für 72 000 syrische Flüchtlinge, die in der Türkei Zuflucht gesucht haben.

Mit dem umstrittenen EU-Türkei-Pakt will die Europäische Union den Zustrom von Flüchtlingen drosseln und Schleppern das Handwerk legen. Die Vereinbarung sieht vor, dass alle Menschen, die seit dem 20. März illegal nach Griechenland gelangt sind, zwangsweise in die Türkei zurückgebracht werden können. Ausgenommen sind nur Menschen, die nachweisen können, dass sie in der Türkei verfolgt werden.

Im Elendslager von Idomeni verteilten am Morgen die Behörden erneut Flugblätter in fünf Sprachen an die Migranten. Darin hieß es, die Grenze nach Mazedonien werde nicht wieder für Flüchtlinge geöffnet. Das provisorische Lager von Idomeni solle aufgelöst werden, deswegen müssten alle Menschen in naheliegende Lager gehen.

Wie das Staatsradio weiter berichtete, brachten die Behörden Delegationen von Migranten aus Idomeni in diese organisierten Lager, damit sie sie sehen und ihre Landsleute informieren, dass man dort besser leben könne, hieß es. In Idomeni befinden sich nach Angaben des Stabes für die Flüchtlingskrise immer noch mehr als 10 000 Menschen. In ganz Griechenland stecken nach der Schließung der Balkanroute knapp 54 000 Schutzsuchende fest.

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