Griechenland-Krise Ausschluss ausgeschlossen

ATHEN · Eine Klage gegen die EU? Der griechische Finanzminister Gianis Varoufakis hat in einem Interview genau diese Möglichkeit angedeutet, sollten Brüssel oder die Europäische Zentralbank (EZB) sein Land aus dem Euro drängen wollen. "Griechenlands Mitgliedschaft ist nicht verhandelbar", sagte der Minister.

Die Regierung in Athen lasse sich derzeit beraten und ziehe nötigenfalls eine gerichtliche Verfügung des Europäischen Gerichtshofs gegen EU-Institutionen in Erwägung. Die Regierung in Athen werde von all ihren Rechten Gebrauch machen. Von Seiten der Geldgeber betreibt allerdings bisher niemand einen Austritt Griechenlands aus dem Euro (Grexit). Was steht dazu in den EU-Verträgen ?

Welche Möglichkeiten gibt es, Athen aus dem Euro-Raum auszuschließen?

Im Vertrag von Maastricht von 1993 wird die "Unumkehrbarkeit" der Wirtschafts- und Währungsunion festgelegt. Im Lissabonner Vertrag von 2009 regelt der Artikel 50 zwar die Kündigung der EU-Mitgliedschaft. Von einem Rückzug aus der Währungsunion ist dort aber keine Rede. Ein "Grexit" ist zumindest nicht vorgesehen. Legt man diese beiden Verträge zugrunde, kann ein Land lediglich aus der EU austreten, was dann auch das Ende des Euro bedeuten würde. Das aber wollen weder Griechenland noch die übrigen Euro-Partner.

Könnte Athen die Euro-Zone tatsächlich verklagen, wenn diese Griechenland ausschließen würde?

Die Frage ist theoretisch, sie funktioniert in der Praxis aber nicht. Abgesehen davon, dass niemand einen solchen Beschluss will, gäbe es keine Rechtsgrundlage dafür.

Wie würde denn ein Ausstieg aus der EU ablaufen?

Dazu ist ein schriftlicher Antrag nötig, der vom Europäischen Rat mit qualifizierter Mehrheit beschlossen wird. Anschließend muss ein Ausstiegsvertrag ausgearbeitet werden, der wiederum im Rat verabschiedet und vom Europäischen Parlament gebilligt werden muss. Sollte kein anderes Datum festgelegt werden, tritt der Austritt nach zwei Jahren in Kraft. Die gesamte Prozedur würde sich also zweifellos mehrere Jahre hinziehen.

Kann ein Land, das aus dem Euro ausgetreten ist, später wieder in die Währungsunion zurückkehren?

Das ist möglich. Vorausgesetzt, das Land absolviert das übliche Beitrittsverfahren, dessen Dauer mit ungefähr zehn Jahren angegeben wird. Denn einige der verlangten Kriterien wie eine niedrige Inflationsrate, ein stabiler Haushalt mit höchstens drei Prozent Neuverschuldung und maximal 60 Prozent Schuldenanteil am Bruttoinlandsprodukt müssen über mehrere Jahre hintereinander nachgewiesen werden. Wenn man schon im Euro ist, sollte man sich also gut überlegen, ob man raus will.

Die EU kann aber doch bei schweren Verletzungen gegen die Grundsätze ein Mitglied ausschließen?

Nein, der Artikel 7 des Lissabonner Vertrages enthält zwar eine sogenannte Suspensionsklausel. Aber die beinhaltet keinen Ausschluss. Möglich ist demnach, einem Mitglied die Stimmrechte in wichtigen Ministerräten zu entziehen. Einen solchen Vorstoß müssen 33 Prozent der EU-Mitgliedstaaten befürworten und anschließen 80 Prozent der Länder unterstützen. Aber ein Ausschluss aus der EU ist nicht vorgesehen.

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